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Ausgespielt? Ob Philipp Kohlschreiber (l.) von Carsten Arriens noch einmal für den Davis-Cup nominiert wird, ist fraglich.

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Davis-Cup-Viertelfinale gegen Frankreich: Bewährungsprobe für Teamchef Carsten Arriens

Nach den Querelen um Philipp Kohlschreiber geht es für den deutschen Davis-Cup-Kapitän Carsten Arriens im Viertelfinale gegen Frankreich auch um die eigene Reputation.

Carsten Arriens wirkte angespannt. Gewöhnlich scheint der Kapitän des deutschen Davis-Cup-Teams völlig in sich zu ruhen, sein Blick ist wach und interessiert und strahlt Verbindlichkeit aus. Doch als Arriens am Dienstag seine neu zusammengestellte Mannschaft für das Viertelfinale gegen Frankreich im Palais des Sports Jean Weille in Nancy vorstellte, da schienen seine Augen unruhig Ausschau zu halten, aus welcher Richtung wohl der nächste Angriff kommen würde.

Der 44 Jahre alte Bundestrainer ist nach einem Jahr seiner Amtszeit in der harten Realität angekommen, und vielleicht wünschte er inzwischen, er hätte damals das Kleingedruckte im Arbeitspapier etwas genauer gelesen. Das Gezanke und Gezeter der Tennis-Ich-AGs um den eigenen Vorteil, die ewigen internen Machtspielchen gibt es im deutschen Davis-Cup-Team von jeher frei Haus. Aber irgendwie hatte Arriens wohl mit seiner pädagogischen Ader darauf vertraut, dass er die eigensinnigen Individuen bändigen könne.

Zumindest momentan ist er damit gescheitert, wie die erneuten atmosphärische Störung am vergangenen Sonntag beim so genannten Versöhnungstag in Frankfurt zeigten. Doch äußern wollte sich Arriens dazu nicht mehr. Es sei „einseitig und unangemessen berichtet“ worden, monierte der 44-Jährige knapp. Dabei wäre es jetzt an der Zeit gewesen, klar Stellung zu beziehen und zu handeln – denn es geht vor allem um ihn, um sein Ansehen als Teamchef.

Kohlschreiber sieht sich mal wieder als Buhmann

Die Frankfurter Tennisfans sollten mit einem Schaukampf und Kindertraining entschädigt werden nach dem Eklat in der ersten Davis-Cup-Runde Anfang Februar, als sich weder Philipp Kohlschreiber, noch Thomas Haas oder Florian Mayer in der Lage gesehen hatten, das dritte bedeutungslose Einzel gegen Spanien noch zu spielen. Mit den Fans gelang die Versöhnung, intern jedoch nicht. Kohlschreiber erschien erst nach langem hin und her – und meckerte auch noch. „Ich bin unschuldig und wieder einmal der Buhmann“, moserte er, während Arriens nur ein paar Meter weiter neben ihm auf dem Platz stand.

Übereinander statt miteinander zu reden, das ist nichts Neues. Kohlschreiber selbst merkt offenbar schon lange nicht mehr, wie sehr er sich mit seinen Äußerungen ins Abseits stellt. Doch die Angriffe schaden der Reputation des Teamchefs. Arriens hatte zunächst von Seiten des Deutschen Tennis- Bundes eine Rüge kassiert für die peinlichen Vorkommnisse, nun aber steht Präsident Karl-Georg Altenburg öffentlich zu ihm.

Fraglich ist jedoch, ob Kohlschreiber, der in Nancy offiziell wegen Ellbogenbeschwerden absagte, überhaupt noch einmal für Deutschland antreten darf. Um sein Gesicht zu wahren muss Arriens handeln, er hätte besser schon direkt nach der Frankfurter Farce Konsequenzen ziehen müssen. Ein radikaler Schnitt wäre nötig, um seine angeschlagene Position wieder zu festigen. Und eine Verjüngung mit frischen Kräften täte ohnehin gut. Kohlschreiber, 30 Jahre, wie auch Haas, bald 36, wären demnach raus aus dem Team, Mayer, 30, ebenfalls, obwohl er in Frankfurt tatsächlich verletzt war. Der Umbruch, den Arriens nun eigentlich vorantreiben muss, ist jedoch prekär. Denn spielerisch sind die Verweigerer immer noch wesentlich besser als das Quartett, das der Teamchef aufgrund der Absagen von Haas, Kohlschreiber, Mayer und Brands nun in Nancy nominierte: Tobias Kamke, die Debütanten Jan-Lennard Struff und Peter Gojowczyk sowie Doppelspezialist André Begemann werden in Frankreich wohl chancenlos sein. Aber zumindest weiß Arriens, dass es bei dieser Auswahl keinen Ärger geben wird.

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