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Daviscup: Der Teamchef spaltet sein Team

Vor dem Daviscup-Auftakt gegen Österreich gibt es Ärger um Teamchef Patrik Kühnen. Zuletzt trat er wie der Privattrainer von Thomas Haas auf - handelte sich von dem Star anschließend aber doch eine Absage ein. Der Rest des Teams ist sauer.

Berlin - Das Ende einer wochenlangen Hängepartie naht. Heute verkündet Teamchef Patrik Kühnen in Garmisch- Partenkirchen seine Mannschaftsaufstellung für den Tennis-Daviscup-Auftakt vom 6. bis 8. März gegen Österreich. Die Diskussionen darüber im Vorfeld strapazierten die Nerven der Spieler weit mehr als nötig. „Ich werde mich erst kurzfristig entscheiden, wer spielt“, sagte Kühnen noch bei den Australian Open im Januar.

Nur Kohlschreiber wurde vorzeitig nominiert

Wie aus dem Umfeld des Teams durchsickerte, legte sich Kühnen offenbar erst am vergangenen Freitag auf Rainer Schüttler, Nicolas Kiefer und Philipp Petzschner fest. Einzig Philipp Kohlschreiber konnte sich aus dem Kreis der vielen Kandidaten schon vor gut drei Wochen entspannt zurücklehnen. Denn Kühnen hatte den inzwischen nur noch drittbesten deutschen Profi als Einzigen über seine Nominierung informiert. Ein Schritt, der sich unter den übrigen deutschen Spielern herumsprach und Kopfschütteln auslöste. Kühnen bevorzugte ausgerechnet Kohlschreiber – trotz dessen peinlicher Äußerungen in Melbourne. Der 25-Jährige hatte nach seinem Zweitrunden-Aus gegen den Franzosen Fabrice Santoro die Abschaffung des Fünfsatz-Modus gefordert und sich zudem wenig respektvoll über den Gegner geäußert.

Kühnen schadet dem Teamgeist

Kühnen aber sieht in Kohlschreiber den neuen, starken Mann, den es zu fördern gilt. Aber auch das eigene Verhalten des Teamchefs während der Australian Open sorgte intern für Irritationen. Denn er wich Thomas Haas nicht von der Seite, kümmerte sich in Melbourne auffällig wie ein Privattrainer um den 30-Jährigen und vernachlässigte so seine Aufgaben, die er eigentlich hat. Den von ihm geforderten Teamgeist förderte Kühnen so gewiss nicht. Es sei ein reiner Freundschaftsdienst, rechtfertigte sich Kühnen. Es wird jedoch bezweifelt, dass die Intensivbetreuung ohne Gegenleistung vonstatten ging.

Partien der deutschen Qualifikanten beachtete Kühnen eher im Vorbeigehen, bei jenen im Hauptfeld bot sich ein ähnliches Bild. Als Andreas Beck etwa in der zweiten Runde gegen den österreichischen Topspieler Jürgen Melzer kämpfte, verließ Kühnen die Zuschauertribüne noch während des zweiten Satzes. Er zog es vor, Haas vor dessen Match gegen Flavio Cipolla einzuschlagen. Für seine Daviscup-Planungen hatte sich Kühnen einmal mehr stark auf Haas gestützt, doch der sagte ab. Etliche Spieler enttäuschte Kühnen mit seinem Verhalten. Es folgte auch keine Ansage, wer als Vorbereitung bei den nächsten Turnieren gemeinsam in der Doppelkonkurrenz antreten sollte. Kühnens Politik des Abwartens entpuppte sich mehr und mehr als Eigentor.

Meistens ist mindestens ein Querkopf dabei

Für ihre Turnierplanungen zwischen Melbourne und Garmisch hingen die Kandidaten kollektiv in der Luft, viele meldeten, fast notgedrungen, für Dubai und Delray Beach (Florida) in der Vorwoche des Daviscups. Einsätze in Übersee waren ihnen zu diesem Zeitpunkt strikt untersagt, doch niemand außer Kohlschreiber konnte sich seiner Nominierung sicher sein. Durch Kühnens Zögern muss der Deutsche Tennis Bund (DTB) den Teammitgliedern nun aber Business-Class- Flüge in Richtung Garmisch spendieren. Diese Kosten hätte der finanziell gebeutelte DTB bei besserer Planung reduzieren können.

An der sensiblen Aufgabe der Spielerauswahl versucht sich Kühnen nun im sechsten Jahr. Dass er dabei nicht immer ein glückliches Händchen bewies, zeigte die Vergangenheit, als oft mindestens ein Querkopf für Dissonanzen sorgte. Doch inzwischen verfügt Kühnen über einen großen Kader von Spielern, die unbedingt für Deutschland antreten möchten. „Ich bin wieder richtig heiß, und ich würde auch nach Garmisch laufen, um dabei zu sein“, sagte der wiedergenesene Kiefer. Und Schüttler fügte als deutsche Nummer eins hinzu: „Ich habe immer gerne für Deutschland gespielt und weite Wege dafür auf mich genommen.“

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