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Sport: DEL-Playoffs: Schlagfertig

Als Lutz Schirmer am Mittwoch auf dem Flughafen Tegel landete, da trug der Team-Manager der Berlin Capitals ein besonderes Souvenir auf dem Leib. Auf Schirmers Hemdsärmel klebte Blut, Relikt einer Auseinandersetzung, die sich Funktionäre der Mannheimer Adler und der Berlin Capitals am Dienstagabend geliefert hatten.

Als Lutz Schirmer am Mittwoch auf dem Flughafen Tegel landete, da trug der Team-Manager der Berlin Capitals ein besonderes Souvenir auf dem Leib. Auf Schirmers Hemdsärmel klebte Blut, Relikt einer Auseinandersetzung, die sich Funktionäre der Mannheimer Adler und der Berlin Capitals am Dienstagabend geliefert hatten. Nicht irgendwo, sondern auf der Auswechselbank der Berliner. Und das Blut stammte auch nicht von irgendwem, sondern vom Mannheimer Trainer Bill Stewart.

Eigentlich ging es in Mannheim nicht ums Boxen, sondern um Eishockey. Die Capitals verloren das dritte Spiel des Play-off-Viertelfinales 3:4 und liegen nun in der Zwischenrechnung 1:2 zurück. Das ist allerdings vor dem vierten Spiel am Freitag in Berlin zur Nebensache geraten, bedingt durch eine Massenschlägerei unmittelbar nach dem Ende des ersten Drittels. Inszeniert wurde die Prügelei offensichtlich vom Mannheimer Trainer Bill Stewart, der auf seinen Berliner Kollegen Pavel Gross einschlug. So hat es der offizielle Schiedsrichterbeobachter Fritz Presl gesehen: "Ich sah, dass Stewart seine Spielerbank verließ und auf Pavel Gross zuging. Dann folgte ein kurzes Handgemenge. Ich bin jetzt seit 26 Jahren im Eishockey tätig, aber so etwas habe ich im Spitzenbereich noch nicht erlebt."

Auch Mannheims Kotrainer Ron Ivany war wie Lutz Schirmer und Lorenz Funk, der Sportdirektor der Capitals, an dem Konflikt beteiligt. Sie alle versuchten aber wohl nur zu schlichten. Die Prügelei war kurz, das Nachspiel könnte sich in die Länge ziehen. Die Geschäftsführung der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) sammelte gestern Zeugenaussagen, heute wird sich der Disziplinarausschuss mit den Vorkommnissen beschäftigen. Vorher will man nichts kommentieren. "Wir wollen keine Wasserstandsmeldungen abgeben", sagt DEL-Sprecher Andreas Ulrich.

Derweil wird bei den beteiligten Klubs gepoltert. Pavel Gross will zivilrechtlich gegen Bill Stewart vorgehen. Zudem fordern die Capitals eine lebenslange Sperre und ein generelles Berufsverbot für Stewart. Die Adler hingegen behaupten, die Capitals hätten die Ausschreitungen mit einer Attacke auf den Mannheimer Stéphane Richer provoziert. "Daraufhin schickten die Coaches der Capitals sämtliche Spieler aufs Eis, um eine Schlägerei zu provozieren", heißt es in einer Pressemitteilung. Stewart habe darauf bei Gross interveniert und sei von diesem geschlagen worden. Angeblich brach dabei das Nasenbein des Mannheimers. Gegen diese Presseerklärung wollen die Capitals laut Sprecher Peter Harbig eine Verleumdungsklage anstrengen. Denkbar schlechte Voraussetzungen für das vierte Spiel am Freitag in Berlin. "Wir werden bei der Polizei Personenschutz beantragen", sagte Mannheims Marketingleiter Dag Heydecker.

Nun eilt der Eissporthalle an der Jafféstraße nicht gerade der Ruf eines Tollhauses voraus. Beim Mannheimer Friedrichspark sieht das schon anders aus. Ein mitunter leicht fanatisches Publikum, angetrieben von einem Stadionsprecher, der - entgegen aller Regularien - während des laufenden Spieles die Heimmannschaft anfeuert. Für leise Töne war auch Stewart nach dem Spiel am Dienstag nicht zu haben. Der Kanadier sprach von "illegalen Taktiken" und "hohen Stöcken" beim Gegner. Ein Versuch, den eigenen Ausraster zu rechtfertigen?

Die Tumulte auf den Bänken waren für die Zuschauer nur eine Episode und keinesfalls das beherrschende Thema. Die Capitals schlugen sich wacker und hatten am Ende viel Pech, zumal der Siegtreffer der Adler 45 Sekunden vor Ende umstritten war. "Das war hoher Stock", sagte Capitals-Stürmer Yvon Corriveau, "keine Frage." Eine Frage, an deren Klärung schon am Mittwoch keiner mehr interessiert war. Da wurden andere Antworten gesucht, etwa auf dem blutbefleckten Hemd vom Berliner Teammanager Lutz Schirmer. "Das sollte man mal zur Analyse geben", sagte Schirmer und äußerte offen den Verdacht, der Mannheimer Trainer könnte unter Drogen gestanden haben. Bei den Capitals mag man wohl an die Haaranalyse von Christoph Daum gedacht haben. Doch zumindest hat der Fußballtrainer niemanden verprügelt.

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