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Sport: Dem Klischee treu

England fliegt im Elfmeterschießen raus. So war es auch diesmal. Wird es immer so sein?

Roy Hodgson sah wie sein Kapitän Steven Gerrard nach der kurzen Nacht müde und leicht zerknittert aus, und als die erste Frage kam, musste der 64-Jährige tief schlucken. Was er in seiner früheren Tätigkeit als Uefa-Beobachter über dieses England in seinen Bericht geschrieben hätte? „Wir haben uns nie abschließende Urteile erlaubt, sondern nur die Highlights notiert“, sagte Hodgson mit einem verschmitzten Lächeln. „England, ich glaube, da sind wir uns alle einig, hat gut verteidigt, mit viel Disziplin gespielt, war aber vorne etwas leichtsinnig mit den Chancen.“

Diese Analyse traf auf die starke Auftaktphase der Briten im Olympiastadion von Kiew zu, als die Überfalltaktik aufzugehen schien, wurde aber nicht der verzweifelten Abwehrschlacht gerecht, mit der sich die „Three Lions“ gegen die im Verlauf der Partie immer überlegeneren Italiener in das Elfmeterschießen gerettet hatten. Schmeichelhafte Adjektive wie „mutig“, „bravourös“, „heroisch“ hätten einen Erfolg in der „Lotterie“ (Hodgson) umgarnt, England hielt jedoch dem Klischee eisern die Treue und scheiterte zum siebten Mal in acht Versuchen im shoot-out. „Wir dachten, es könnte heute unser Tag sein“, sagte Hodgson. Mit dem Glück war es am Sonntagabend letztlich wie mit der Kraft: während der 120 Minuten hatten die Engländer schon viel zu viel aufgebraucht, um vom Punkt aus zu reüssieren. So wurde man den niedrigen Turnier-Erwartungen doch noch gerecht.

„Wir sind zu ehrlich, um zu sagen, dass wir nur Pech hatten. Wir hatten Probleme”, sagte Hodgson und verwies auf Blessuren von Scott Parker und Gerrard. „Wenn du dauernd dem Ball nachläufst, bist du fertig“, sagte der Mittelfeldspieler. Und wo war eigentlich Wayne Rooney gewesen? Im Vorfeld war in Krakau viel über sein zweifelhaftes Conditioning getuschelt worden, der 26-Jährige wirkte bis auf die ersten 20 Minuten schwerfällig und unkonzentriert, gegen Ende der Verlängerung pfiff es aus ihm wie aus einer Dampfmaschine aus dem 19. Jahrhundert. Hatte er in den 36 Tagen zwischen dem Ukraine-Match und seinem letzten Pflichtspielstart für Manchester United nicht ausreichend trainiert? Hodgson wich der Frage zunächst aus, brachte aber im nächsten Halbsatz das eigentliche Problem auf den Punkt: Englands Abhängigkeit von dem United-Stürmer bleibt ungeheuerlich groß.

„Wir müssen unbedingt zusehen, dass wir auch in Zukunft ein Team haben, dem man den Willen, alles für das Trikot zu tun, anmerkt“, sagte Hodgson noch. Und er fügte an, er hoffe nun sehr, dass demnächst neue Spieler an seine „Tür klopfen“ würden. Im August geht es für ihn und das Team mit einem Freundschaftsspiel in Bern weiter. Der Gegner heißt dann übrigens: Italien.

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