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Sport: Demokratie aus China

Wei Jizhong reformiert den Volleyballverband

Dieser Mann ist wirklich spontan: Wer Wei Jizhong bei der Beachvolleyball-WM in Rom um einen Interviewtermin bittet, hört: „Ja, lassen Sie uns sofort zusammen reden.“ Dann sagt der 74-jährige Chinese auch noch: „Wir können über alles reden, es gibt im Volleyball keine Geheimnisse mehr.“ Das sind völlig neue Töne von einem Präsidenten des Volleyball-Weltverbands FIVB. Weis Vorgänger, der Mexikaner Ruben Acosta, pflegte dagegen über viele Jahre hinweg wie ein Patriarch aufzutreten, der Hof hält.

Doch Acosta hat nach 24 Jahren Herrschaft endlich abgedankt und sein Nachfolger eine Zeitenwende eingeleitet. Wei steht für Transparenz. Die Zeiten, in denen hinter verschlossenen Türen Politik gemacht wurde, seien vorbei, sagt er. „Jede Anregung, jede Kritik ist uns willkommen. Wenn Journalisten nichts über unsere Organisation wissen, wie sollen sie darüber urteilen?“ Das ist eine verbale 180-Grad-Wendung zu der Politik Acostas. Ausgerechnet ein Chinese zeigt den Volleyballern, wie demokratische Strukturen gelebt werden.

Richard Baker kennt als Pressechef der FIVB beide Seiten. Von 2003 bis 2005 war er erstmals beim Weltverband angestellt, ergriff dann jedoch die Flucht, „weil der damalige Führungsstil überhaupt nicht dem entsprach, was ich erwartet hatte“. Nun ist der Neuseeländer zurückgekehrt und registriert „eine erstaunliche Differenz zu dem, was wir hier früher erlebt haben“. Nun werde eine wohltuende Offenheit gelebt. Auch der Brasilianer Arie Gracer, der sich als Direktor um die Sparte Beachvolleyball kümmert, sieht eine Änderung: „In der Vergangenheit war alle Macht auf eine Person konzentriert, das Resultat war Stagnation. Jetzt haben wir uns geöffnet und erleben weltweit eine rasend schnelle Entwicklung. Das ist wahre Demokratie.“

Der neue Führungsstil lässt sich unter anderem am Umgang mit Geld festmachen. Während Acosta von jedem ausgehandelten Sponsorendeal und TV-Vertrag etwas für sich abzweigte und auf diese Weise Millionen scheffelte, hat Wei versprochen, niemals einen Cent von den Geldern anzurühren, die er für seinen Verband akquiriere. Gleiches verlange er auch von seinen Kollegen in der Führungsetage des Verbandes. Wei lässt sich von der FIVB eine monatliche Aufwandsentschädigung überweisen, doch bevor die auf sein Konto überwiesen wird, „zahle ich erst einmal Steuern in der Schweiz“. In Rom ging Wei regelmäßig in den Spielerbereich, um mit den Athleten zu essen und zu reden. So einen Umgang sind die Spieler gar nicht gewöhnt.

Wei will allerdings bereits nach einer Amtszeit zurücktreten. „Alte Männer sind konservativ, aber so sollte der Führer einer großen Sportorganisation nicht sein“, sagt der Chinese, „es ist besser, es einen Jüngeren machen zu lassen.“

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