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Aggressiv und willensstark. Die Berlin Volleys um Roko Sikiric (Mitte) ließen sich im vierten Finalspiel von der Atmosphäre in der Max-Schmeling-Halle anstecken. 7381 Zuschauer bedeuteten einen neuen Rekord in dieser Saison.Foto: dapd

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Sport: Demontage, die zweite

Im vierten Spiel der Finalserie zeigen die Berlin Volleys eine Glanzleistung – und machen den Gegner aus Haching ratlos.

Berlin - Mark Lebedew hatte die Arme auf Schulterhöhe gehoben, dann klatschte er, er klatschte demonstrativ zu den Zuschauern, alles so gemächlich, dass es aussah wie in Zeitlupe. Er bewegte sogar seine Beine und schritt einen halben Meter auf die Ränge zu. Keine Frage, Mark Lebedew ging in dieser Sekunde voll aus sich heraus, vergleichbar mit den Bocksprüngen, die Dortmunds Trainer Jürgen Klopp nach einem Tor seiner Fußball-Profis vollführt. Der Australier Lebedew bewahrt sich solche Gesten für die ganz besonderen Momente auf.

Der Trainer des Berliner Volleyball-Bundesligisten BR Volleys, der Mann, der üblicherweise in jedem Gemütszustand dasteht wie ein Eisblock, der flippte also fast aus. Muss man noch mehr über dieses Spiel erzählen? Über diesen 3:0 (25:22, 25:20, 25:16)-Sieg der Volleys im vierten Finalspiel gegen Haching?

Das 3:0 im ersten Final-Heimspiel gegen Haching war spielerisch eine Demonstration, dieses 3:0 am Dienstagabend zwar auch, aber es war noch mehr: eine Glanzleistung, die gerade nach dem ersten 3:0 niemand erwartet hatte. Bei den Volleys ist immer noch die halbe Stammformation verletzt oder angeschlagen. Und irgendwann müssen die Kräfte dieser Leistungsträger nachlassen, das war der Gedanke. Auch der größte Adrenalinschub hat irgendwann ein Ende. Und dann geht man gegen eine Mannschaft wie Haching unter. Oder verliert zumindest, auch in eigener Halle, auch vor enthusiastischen Fans. So lauteten selbst die Gedanken bei eingefleischten Volleys-Fans.

Aber diese Mannschaft verlor nicht. Diese Mannschaft spielte mit einer Aggressivität, mit einer Willensstärke, dass Hachings Trainer Mihai Paduretu nur noch staunend am Spielfeld stehen konnte. Selbst die Hachinger Spieler wirkten im dritten Satz, als sie schon 11:18 zurücklagen, ratlos. „Sie haben ein bisschen frustriert ausgesehen“, sagte Volleys-Außenangreifer Scott Touzinsky. Der US-Amerikaner ist ein netter Kerl, immer höflich. „Ein bisschen“, das war allerdings sehr nett formuliert. In Wirklichkeit wirkten die Hachinger zeitweise wie artige Trainingspartner. Erdrückt, demoralisiert auch von dem Jubel und dem Lärm der Volleys-Fans unter den 7381 Zuschauern. „Wahnsinn, wie Berlin uns unterstützt“, sagte Mittelblocker Felix Fischer. „Das war ein Sieg der Fans“, sagte Touzinsky.

Der Olympiasieger aus den USA stand noch lange nach dem Abpfiff auf dem Feld, sein linkes Knie war bandagiert, eine Meniskusverletzung plagt ihn. „Dieses Spiel war wichtig für die ganze Bundesliga“, sagte er. Weil es Werbung für Volleyball war. Weil 7381 Besucher einen Bundesliga-Zuschauerrekord in dieser Saison darstellten.

Touzinsky steht für den Kampfgeist dieser Mannschaft. „Es schmerzt“, sagte er nach dem Spiel. Er blickte dabei, als würde er die Uhrzeit mitteilen. Schmerzen gehören dazu, ist halt so. Es geht um den Titel. So denkt er, so denken die anderen. Libero Martin Krystof zum Beispiel, geplagt von Oberschenkelproblemen. Er zeigte eine überragende Abwehrleistung.

In seiner inzwischen rituellen Ansprache vor dem Spiel hatte Manager Kaweh Niroomand wieder mal Ehre und Moral untergebracht. „Hier ackern viele Helfer, damit ihr vor so einer Kulisse spielen könnt. Sorgt dafür, dass diese Helfer hier nicht die Siegesparty von Haching vorbereitet haben“, verkündete er. Der Appell blieb offenbar hängen. Jedenfalls verwies Touzinsky schnell auf diese Rede und erklärte: „Wir wollten auch für diese Fans spielen.“

Nach dem Spiel verkündete der Manager zwar glückselig, „dass wir jetzt schon das Optimum erreicht haben“. Aber weil das doch sehr nach mentalem Saisonende klang und der Eindruck hätte entstehen können, die Volleys wollten gar nicht mehr Meister werden, verkündete Niroomand noch eine weitere Botschaft. Damit auch dem Letzten klar ist, dass Berlin den Titel möchte. „Wir fahren nicht nach Unterhaching und trinken vor dem Spiel noch ein Weißbier.“

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