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Sport: Demuth ist schuld

Der FC St. Pauli stürzt auch in der Zweiten Liga immer weiter ab – der Trainer muss gehen

Von Karsten Doneck

Sie waren schon immer tüchtig, die Fans des FC St. Pauli. Und einfallsreich. So rufen sie nun im Internet dazu auf, das nächste Spiel ihrer Mannschaft doch bitte mit dem Fahrrad zu besuchen. Was recht mühsam ist: Die Partie findet am Freitag nämlich im Stadion an der Lohmühle beim VfB Lübeck statt. Von Hansestadt zu Hansestadt kommen da immerhin rund 80 Kilometer zusammen, die einfache Tour, versteht sich. Das Vorhaben des St. Pauli-Anhangs dient freilich nicht nur der Kräftigung der Wadenmuskulatur. Die Fans des Hamburger Kultklubs, seit eh und je originell, kreativ und witzig, wollen vielmehr mit gutem Beispiel vorangehen. Das Motto der Fahrrad-Aktion lautet nämlich: „Wir zeigen den Spielern, wie man(n) sich bewegt – oder: Wir Fans bringen Höchstleistungen, Spieler macht mit“. Der Ruf der Fans scheint nur allzu verständlich. St. Paulis Profis kam nämlich der Erfolg abhanden. Die Folge: Trainer Dietmar Demuth wurde gestern vom Präsidium mit sofortiger Wirkung beurlaubt.

Noch in der vorigen Saison hatte der FC St. Pauli am Millerntor den FC Bayern München mit einem 2:1-Sieg dem Gespött Fußball-Deutschlands preisgegeben. Und wer den Bayern derlei Schaden zugefügt hat, kann auf die Häme nicht verzichten. Alsbald kursierten am Millerntor T-Shirts, die den Aufdruck trugen: „Weltpokalsiegerbesieger“. Und selbst in St. Paulis schmuddeligsten Ecken schien etwas Glanz einzuziehen.

2:1 gegen den FC Bayern, zuletzt 1:4 gegen LR Ahlen. Rund sieben Monate liegen zwischen beiden Ergebnissen. Der Weltpokalsiegerbesieger schafft nicht mal mehr die Provinzler aus Ahlen. St. Pauli ist böse abgestürzt: von Liga eins in Liga zwei, und dort ist die Bilanz nach zwei Spielen trostlos. Null Punkte, 1:8 Tore. St. Pauli ist nur deshalb noch nicht Letzter der Tabelle, weil der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem SSV Reutlingen wegen Verstößen gegen die Lizenzauflagen sechs Punkte abzog. In Hamburgs sonst so lustbetontem Stadtteil St. Pauli kommt den Leuten die Lust am Fußball abhanden. „St. Pauli – nur noch ein Trümmerhaufen“, textete die „Hamburger Morgenpost“ und bezog das ausschließlich auf die Kiezkicker.

Und wie das im Fußball so ist: Trainer Demuth wurde als Schuldiger der Misere hingestellt. Der 47-Jährige, geboren in Querfurt im Bezirk Halle, hat seinen Heldenstatus aufgebraucht. Im Sommer 2001 war Demuth noch enthusiastisch gefeiert worden, weil er die Mannschaft, die in jener Saison den Prognosen nach gegen den Abstieg hätte kämpfen müssen, in die Bundesliga geführt hatte.

Jetzt heißt es, er habe die falschen Leute aufgestellt, die Mannschaft sei nicht richtig fit, die Taktik sowieso grundlegend verkehrt. Für Demuth wird in Lübeck wohl der bisherige Kotrainer Joachim Philipkowski die sportliche Verantwortung tragen. Auch er wird es schwer haben. Es sind mehr die äußeren Umstände, die bei St. Pauli zum sportlichen Niedergang führten. Nach dem Bundesligaabstieg schlossen sich wertvolle Kräfte wie Meggle (Hansa Rostock), Rahn (HSV) und Rath (Ahlen) anderen Vereinen an, alle ablösefrei. Und weil St. Pauli – nicht nur wegen der Kirch-Krise – knapp bei Kasse ist, musste der Etat von 10,5 Millionen Euro auf 4,5 Millionen Euro zusammengestrichen werden. Das ist eine Summe, die hart ans Zweitliga-Existenzminimum grenzt. Die abgewanderten Spieler konnten mit so wenig Geld nicht gleichwertig ersetzt werden.

Der FC St. Pauli bleibt trotzdem der etwas andere Klub. Auch was die Ideen zur Geldvermehrung angeht. So durfte sich ein Fan einen Platz auf dem Mannschaftsfoto ersteigern und kam in einem Freundschaftsspiel des Klubs zum Einsatz – alles für 2501 Euro.

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