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Sport: Den Büffel erlegt

Ende gut, alles gut. Wladimir Klitschko war rundenlang nervös, wirkte verkrampft.

Ende gut, alles gut. Wladimir Klitschko war rundenlang nervös, wirkte verkrampft. Solch dreister Furchtlosigkeit und überfallartigem Draufhauen war der WBO-Weltmeister im Schwergewicht in keinem seiner vorangegangenen 38 Ringauftritte begegnet. Der Ukrainer war es gewohnt, dass seine sorgfältig ausgesuchten Gegner nicht antreten, ihm das Leben schwer zu machen. Und nun kam dieser "Weiße Büffel" François Botha daher und versuchte tatsächlich unerschrocken und ungestüm, "mit einem Lucky Punch den Kampf zu gewinnen", wie der jüngere Klitschko meinte. "Botha war sehr selbstbewusst. Es war nicht einfach. Ich war langsam und er sehr unbequem." Aber ein Schlag im Schwergewicht - und der Spuk ist vorbei, das Ende spektakulär, der Jubel groß. Knapp 11 000 Zuschauer in der ausverkauften Stuttgarter Hans-Martin-Schleyer feierten die neue Ikone frenetisch als Rächer ihres Lieblings Axel Schulz, der vor gut sechs Jahren hier um den Sieg gegen einen obendrein gedopten Botha betrogen worden war.

Mit dem Rücken am Seil, haltend und klammernd, machte Klitschko keine souveräne Figur. "Es war Wladimirs bisher schwerster Gegner", stellte auch Trainer Fritz Sdunek fest. Botha (33), mit 109,5 Kilo bullig wie ein Büffel, hatte sich jedoch bald ausgepowert. Klitschko, mit 109,7 Kilo gleich schwer, aber zwölf Zentimeter größer, hatte seinen Rhythmus gefunden. Nach einem rechten Konterschlag ans Kinn knickten die Knie des Südafrikaners ein. Der bald 26-jährige Ukrainer aus Hamburg ging aufs Ganze. Drei Links-Rechts-Kombinationen überstand Botha noch, ein linker Haken brachte dann das Aus. Rücklings krachte Botha zu Boden, schlug mit dem Hinterkopf auf, lag flach, alle viere von sich gestreckt, auf dem Rücken, rappelte sich aber instinktiv und im Unterbewusstsein wieder auf, stand aufrecht, aber leicht schwankend, als ihm Ringrichter Genaro Robinson tief in die glasigen Augen schaute und mit ausgebreiteten Armen das Ende signalisierte. Also Sieger durch technischen Knockout nach 48 Sekunden der achten Runde: Wladimir Klischko, der damit seinen WBO-Titel zum dritten Mal erfolgreich durch K. o. verteidigte und im 39. Profikampf seinen 38. Sieg feierte.

"Es war nicht meine Nacht", sagte der Sprücheklopfer Botha später auf der Pressekonferenz kleinlaut. Veilchen leuchteten unter beiden Augen. Kein Protest gegen den Abbruch. "Ich bin froh, hier wohlbehalten zu sitzen und gesund zu meiner Familie zurückzukehren." Dann die übliche Lobhudelei für den Bezwinger: "Wladimir ist ein großer Champion, hat es verdient, gegen Tyson und Lewis zu boxen, und mit der Leistung von heute hat er alle Chancen, beide zu schlagen." Doch solange deren Showdown noch in der Schwebe ist, dürfte ein Kampf gegen einen der beiden großen Namen illusorisch sein. Wunschgegner ist jetzt erst einmal Altmeister Evander Holyfield (39).

Hartmut Scherzer

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