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Sport: Den Sohn nominiert, nicht den Stürmer

Herthas Pantelic darf nicht zur WM – Trainer Ilija Petkovic beruft Dusan Petkovic und wird hart kritisiert

Berlin - Am 11. Juni wird der serbische Fußball-Profi Marko Pantelic in Leipzig sein. Dort spielt Serbien und Montenegro gegen die Niederlande. Pantelic aber wird nicht auf dem Platz stehen, sondern auf der Tribüne sitzen. Dennoch zittere er mit der Mannschaft, sagt der Stürmer des Bundesligisten Hertha BSC. Es ist ihm wichtig, keine Zweifel an seiner Solidarität mit der Nationalmannschaft aufkommen zu lassen, deshalb betont Pantelic, dass es „wichtig ist, dabei zu sein“. Sein Land befindet sich im Umbruch, seit einer Volksabstimmung vor gut einer Woche ist Montenegro ein eigenständiger Staat. Der 27-jährige Serbe will sich wohl auch deshalb nicht negativ äußern. Grund sich zu ärgern hätte er jedenfalls: Am späten Montagabend gab Nationaltrainer Ilija Petkovic bekannt, dass er seinen Sohn Dusan für die WM nachnominiert. Petkovic ist Defensivspieler. Mit Mirko Vucinic hatte sich jedoch ein Angreifer aus der Mannschaft verletzt. Viele erwarteten deshalb, dass Stürmer Pantelic für Vucinic in den Kader rücken würde.

Im Land wurde die Nominierung Petkovics kritisch aufgenommen. Beim Fernseh- und Radiosender B92 ist von „Vetternwirtschaft“ die Rede. Es werden Parallelen zur Situation in Kroatien gezogen, wo Trainer Zlatko Kranjcar seinen Sohn Niko berief und dafür heftige Kritik einstecken musste. Belgrads Boulevardzeitung „Blic“ bezeichnet die Nominierung Dusan Petkovics in überdimensionalen Lettern als „Skandal“ und „Selbsttor“.

Petkovic ist 31 Jahre alt, er spielt für OFK Belgrad, war zuvor aber bereits in der Bundesliga kurzzeitig für den VfL Wolfsburg und ein Jahr lang für den 1. FC Nürnberg aktiv, wo ihn Klaus Augenthaler in der Saison 2002/2003 trainierte. Der heutige Coach des VfL Wolfsburg zeigte sich gestern nicht überrascht von der Nominierung Petkovics. „Er ist ein technisch versierter Spieler, der durch seine Vielseitigkeit auffällt. Man kann ihn im defensiven Mittelfeld oder in der Abwehr einsetzen“, sagt Augenthaler.

Vielleicht kann der zwölfmalige Nationalspieler Petkovic seiner Mannschaft beim WM-Turnier in Deutschland ja tatsächlich helfen. Eine besondere Beziehung zur Bundesrepublik hat er jedenfalls: Dusan Petkovic wurde am 13. Juni 1974 geboren, dem Tag des WM-Eröffnungsspiels zwischen Brasilien und Jugoslawien. Sein Vater Ilija Petkovic spielte für das ehemalige Jugoslawien. Unmittelbar vor dem Anpfiff erhielt er die Nachricht von der Geburt seines Sohnes, zunächst hielt er das Telegramm jedoch für einen Falschmeldung der Regierung, die ihn motivieren sollte. Die Geburt seines Sohnes war erst für einen späteren Zeitpunkt erwartet worden. Jugoslawien spielte 0:0 gegen Brasilien.

Vor der Nominierung von Dusan Petkovic war die Vorbereitung der Nationalmannschaft von Serbien und Montenegro trotz der Abspaltung Montenegros ruhig verlaufen. Die beiden unabhängigen Staaten seien im Fußball eins, verkündetete Savo Milosevic, der Kapitän der Mannschaft. Er sei als Serbe zwar „unglücklich über die Entwicklung der Dinge. Aber ich gratuliere Montenegro zur Unabhängigkeit. Wir spielen für alle Serben und die Montenegriner, die unsere Mannschaft ihre eigene nennen.“

Es wird wohl das letzte Fußball-Turnier sein, auf dem eine gemeinsame Mannschaft für Serbien und Montenegro aufläuft. Bereits für die im Herbst dieses Jahres beginnende Qualifikation zur Europameisterschaft 2008 soll allein Serbien an den Start gehen. „Das haben wir bereits im Vorfeld des Referendums beschlossen, als sich die Entscheidung des Volkes abgezeichnet hatte“, sagt Tomislav Karadzic, der Präsident des Fußball-Verbandes von Serbien und Montenegro. Die Funktionäre wollen bereits am 28. Juli auf einer Vollversammlung die Trennung der beiden Verbände formell vollziehen. Serbien ist der vom Fußball-Weltverband Fifa offiziell anerkannte Nachfolger von Serbien-Montenegro. Aus diesem Grund muss Montenegro Spielberechtigungen bei der Fifa erst beantragen. Dieser Prozess wird länger als ein Jahr dauern, glauben montenegrinische Funktionäre. Dafür werde der Verband laut Karadzic „finanziell entschädigt“. Die Spieler dürfen dem Präsidenten zufolge frei wählen, für welchen Verband sie antreten möchten.

Tomislav Karadzic freut sich auf jeden Fall, dass „ich als erster Präsident eine Mannschaft zweier Staaten repräsentieren darf“.

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