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Game over. Sebastian Ernst (re.) und Alex Schaf verpatzen den Wechsel. Foto: Reuters

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Sport: Den Stab nicht brechen

Deutsche Leichtathleten schwächeln im Lauf. Das wird sich kaum ändern, sagt Bundestrainer Keil

Berlin - Alex Schaf lief zu früh los, keine Frage. Als Sebastian Ernst noch einen Meter entfernt war, hatte er schon die Wechselmarke überlaufen. Aus für die 4-x-100-Meter-Staffel bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Daegu, es passte wunderbar ins Bild. Die Staffel also auch, quasi der letzte Hoffnungsträger. Sieben Medaillen gewann die deutschen Athleten, darunter drei goldene in Kraftdisziplinen, aber die Abteilung Sprint, Lauf, Gehen – Männer und Frauen – steuerte nichts bei. Der so genannte Bereich Track unterstützte das deutsche Gesamtergebnis in der Nationenwertung mit nur einem einzigen Punkt, das ist ein historischer Tiefstand.

Diese Bilanz hatte der Vizepräsident des deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), Günther Lohre wohl im Sinn, als er sagte: „Mit Trainingsmethoden von vorgestern kommt man nicht weiter.“ Neue Methoden? Eine Sache also für junge und jüngere Trainer, Leute wie Jan-Gerrit Keil, Disziplintrainer Hochsprung C-Kader für Männer und Frauen, Heimtrainer der Zwei-Meter-Hochspringerin Meike Kröger. Keil sieht die Track-Bilanz ebenfalls mit Schaudern. Aber er geht eher pragmatisch an die Sache heran. Anders gesagt: Er relativiert die Erwartungshaltung.

„Es gibt außer den USA keine Nation, die in allen Disziplinen ganz vorne dabei ist. Russland fehlen Topsprinter, Jamaika hat nur Sprinter, Kenia nur Läufer, die Deutschen haben halt vor allem in Wurf- und Sprungdisziplinen ihre Stärken.“ Warum sollte ausgerechnet Deutschland einen umfassenden Anspruch erfüllen? „Die USA können aus einem riesigen genetischen Topf schöpfen. Sie haben für jede Disziplinen die richtigen Leute.“

Dass die Deutschen in den Wurf- und Stoß-Disziplinen, aber auch in den klassisch technischen Disziplinen wie Hochsprung (mit Ariane Friedrich) und im Stabhochsprung, ihre Stärken haben, ist für ihn leicht nachvollziehbar. „Da geht es halt nicht bloß ums Laufen. Laufen, ohne Hürden, ist einfacher zu lernen als technische Disziplinen. Da kommt die Bewegungslehre hinzu.“ In diesen Bereichen verfügten die Deutschen über enormes sportwissenschaftliches Know-How.

Das ist aber natürlich nur ein Teil der Wahrheit. Es erklärt noch nicht, warum die deutschen Sprinter nicht in unmittelbare Nähe der 10,00-Sekunden-Grenze kommen. Der Jahresbeste in Deutschland ist Alex Schaf mit 10,20 Sekunden – gelaufen bei 1,9 Meter Rückenwind. Mit Ausnahme von Sebastian Ernst (200 Meter) und Carsten Schlangen (1500 Meter), der aber wegen einer Verletzung nicht starten konnte, hatte der DLV keinen Athleten auf den flachen Laufstrecken in Daegu. Bei den Frauen sah es ähnlich aus.

Gut, es gab Verletzte, deshalb konnten einige Athleten nicht starten, aber Keil geht trotzdem davon aus, dass auch in Zukunft nur Einzelerfolge von Ausnahmetalenten und Staffelerfolge möglich sein werden. Eine Ausnahme bilden der Hürdenbereich und Hindernislauf, weil da der Technikanteil wieder größer ist. „Es ist auch eine Frage der Motivation“, sagt der Bundestrainer. „Vor allem im Kurzsprint hat einer in Deutschland kaum die Chance, größer rauszukommen, wenn er sich das Weltniveau vor Augen führt. Warum soll er seine ganze Energie dann in so eine Disziplin stecken?“

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