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Sport: Der Albtraum beginnt wieder

Borussia Dortmund fliegt aus dem UI-Cup und fürchtet die neue Saison

Kurz vor dem Schlusspfiff saßen Tomas Rosicky und Jan Koller auf der Tribüne und verfolgten entsetzt das Treiben auf dem Rasen des Dortmunder Westfalenstadions. Was mögen sie gedacht haben, als ihre Kollegen beim 1:2 gegen den belgischen Klub KRC Genk einer Blamage entgegenstolperten: Nichts wie weg hier? Die beiden tschechischen Fußballstars empfinden Verkaufsgerüchte längst nicht mehr als störend. Für Koller liegt ein Angebot von Olympique Marseille in Höhe von sechs Millionen Euro vor – entschieden zu niedrig, wie die Klubführung behauptet. Die Kollegen, allen voran Kapitän Dédé, treten solchen Spekulationen vehement entgegen.

„Wenn Koller und Rosicky verkauft werden, ist vielleicht Geld in der Kasse, aber wer steht dann auf dem Platz?“ Zwei Wochen vor dem Start in die Bundesliga-Saison ist das Befinden der Borussen so schlecht wie nach der zurückliegenden Spielzeit, in der die Mannschaft den fünften Tabellenplatz in der letzten Runde noch an den kleinen Nachbarn VfL Bochum verlor. Die Dortmunder scheitern nicht an Madrid, Mailand oder München – alles Klubs, denen die Westfalen vor ein paar Jahren noch auf Augenhöhe begegneten. Der sportliche Abstieg manifestiert sich an eher provinziellen Städtenamen wie Cottbus, Brügge, Kaiserslautern und nun auch noch Genk. Nach dem jüngsten Misserfolg sprach Manager Michael Meier von einem Déjà-vu-Erlebnis. Vor einem Jahr unterlagen die kickenden Millionäre, eine Etage höher, in der Qualifikation zur Champions League, dem FC Brügge.

Aus dem Stimmungstief, das diese Niederlage hervorrief, vermochten sie sich in der Bundesliga nicht zu befreien. Auch Sebastian Kehl fühlt sich an dieses schmerzliche Erlebnis erinnert. Der Mittelfeldspieler stellt eine düstere Prognose. „Jetzt geht wieder alles von vorne los.“ Der neue Trainer Bert van Marwijk hatte so etwas wie Aufbruchstimmung erzeugt, bei den Fans und vielleicht sogar bei seinem Personal. Doch der erste und bis auf weiteres letzte Versuch, sich international zu profilieren, spricht für eine Kontinuität im Scheitern.

Obwohl Trainer van Marwijk das System geändert hat, spielen die Dortmunder wie vorher unter Matthias Sammer, den Spötter als den einzigen Dortmunder Gewinner dieses Spiels betrachten: Sobald sie ein Ergebnis erreicht haben, das gerade reichen würde, versuchen sie ängstlich, es über die Zeit zu retten. Wie nach Dédé Ausgleichstor (55.), das gereicht hätte, die nächste Runde zu erreichen, wenn Igor de Camargo seinem Führungstreffer (13.) kurz vor Schluss nicht einen weiteren hinzugefügt hätte (86.).

Kritiker fürchten schon nach dem ersten Pflichtspiel im Westfalenstadion, dass die Mannschaft für neue Botschaften nicht empfänglich sei, egal welcher Trainer sie verkündet. Van Marwijk betont immer wieder, er sei Realist. Zugleich versucht er, die neuerliche Blamage als Ausrutscher zu deuten und nicht als jüngstes Kapitel einer bizarren Fortsetzungsgeschichte. „Wenn man etwas Neues will, geht das immer mit Fehlern einher“, sagt er. „Dann kommt so ein Spiel, in dem fast alles falsch läuft.“

Van Marwijk versucht den Dortmunder Profis beizubringen, mit vier Verteidigern, drei Mittelfeldspielern und drei Stürmern zu spielen. Von diesem System will er offenbar nicht abrücken. „Ich gehe den Weg weiter, den ich eingeschlagen habe.“ Ob er das geeignete Personal dafür hat, ist eine andere Frage. Gegen Genk wirkten alle drei Abteilungen überfordert. Was bleibt, ist die niederschmetternde Erkenntnis des Dortmunder Kapitäns Dédé: „Wir haben einfach scheiße gespielt.“

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