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Sport: Der andere Mensch

Wie Sebastian Deislers ehemalige Kollegen bei Hertha BSC auf die Nachricht aus München reagierten

Berlin. Dick van Burik hat die Nachricht im Radio gehört, über Sebastian Deisler und dessen Depression. Van Burik saß im Auto, „und es ging mir nicht gut“.

Drei Jahre hat Sebastian Deisler in Berlin bei Hertha BSC gespielt, bis er im Sommer des vergangenen Jahres zum FC Bayern München wechselte. Als 22-Jähriger. Als Nationalspieler. „Und als anderer Mensch.“ Das sagt van Burik. Er ist Mannschaftskapitän der Berliner, er ist Führungsperson, und es kommt vor, dass die jungen Spieler bei Hertha erstmal van Burik fragen, bevor sie eine Entscheidung treffen.

Was meint van Burik also, wenn er sagt: „Er ist ein anderer Mensch geworden“? Deisler war 19 Jahre alt, als er aus Mönchengladbach nach Berlin kam. Er war lustig, konnte plaudern, ging mit Kollegen in Diskotheken, und er war ein sehr guter Fußballer. So schildert van Burik den Sebastian Deisler, den er 1999 in Berlin kennen lernte. „Und dann hat er sich irgendwann verändert.“

Die tägliche Arbeit. Die täglichen Fragen. Der tägliche Druck. Deisler wurde älter und ruhiger. Dann kam diese Geschichte mit dem Handgeld, diesem Darlehen über 20 Millionen Euro, dass ihm der FC Bayern gewährte als Vorschuss auf den Wechsel nach München, und Deisler zog sich in sich zurück. Der hatte in der Kabine die „Bild“-Zeitung gesehen mit dem Faksimile des Schecks auf der Titelseite. „Ich wurde geliebt in Berlin“, hat Deisler später mal erzählt. „Und über Nacht wurde ich gehasst.“

Im April 2003, ein Jahr nach dem Wechsel nach München, gab Deisler dem Tagesspiegel ein Interview. Es war das erste seit mehr als einem Jahr. Deisler wirkte bedrückt und nachdenklich. Als er von den Pfiffen im Berliner Olympiastadion sprach, vom Druck, von seinen Verletzungen, da fragte er die Reporter: „Na – fällt Ihnen nichts auf?“ Dann erzählte er vom „Zusammenwirken von meinem Körper und meinem Geist“ und sprach von „Rückzugsmöglichkeiten“.

Auf seine ehemaligen Kollegen in Berlin wirkte das Interview wie eine Anklageschrift gegen Hertha BSC und dessen starken Mann Dieter Hoeneß. Michael Preetz, damals Kapitän, sagte, dass sich „der Sebastian nach außen abgeschottet hat, so dass wir nur sehr wenig von seiner Gefühlswelt mitbekommen haben“. Deisler zog sich weiter zurück, im Sommer trennte er sich von Berater Jörg Neubauer. Der sagte: „Man muss sich auch beraten lassen wollen.“ Heute meint Neubauer nur, dass „ich die Nachricht schon länger kenne“. Ob er überrascht sei? Neubauer weicht aus. Er wünsche Deisler alles erdenklich Gute, „ganz ehrlich“.

Herthas Manager Dieter Hoeneß, der von Deisler im Tagesspiegel-Interview kritisiert wurde und die gestrige Pressekonferenz der Bayern live im Fernsehen sah, wollte sich nicht äußern, „weil ich denke, dass es einfach nicht gut wäre“.

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