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Sport: „Der Beginn einer neuen Tradition“

Trainer Pierre Pagé über die Chancen seines Klubs nach dem Titelgewinn

Pierre Pagé, gut drei Jahre sind Sie jetzt beim EHC Eisbären. Seit ihrem Amtsantritt haben Sie von einem Titel gesprochen, nun sind Sie am Ziel. Wie fühlt sich der Trainer des neuen Deutschen Meisters?

Mir gehen viele Dinge durch den Kopf. Vielleicht brauche ich noch ein paar Tage, um zu realisieren, was passiert ist. Ich weiß jetzt, wie hart es ist, Meister zu werden. Es war ein Jahr der harten Entscheidungen für uns, ein Jahr, in dem wir uns kontinuierlich verbessert haben. Das Team war das disziplinierteste, das ich in 33 Jahren als Trainer erlebt habe. Auf dem Eis und abseits davon. Diese Saison hat einfach alles gepasst, wir haben am besten gespielt, als wir es mussten.

In den vergangenen zwei Jahren haben die Eisbären auch gutes Eishockey gespielt. Nur sind sie in den Play-offs jeweils an ihrer Favoritenrolle gescheitert. Was haben Sie diesmal anders gemacht?

Mannheims Trainer Stéphane Richer, vergangenes Jahr noch als Kotrainer von Frankfurt im Finale Sieger gegen uns, hat nach dem zweiten Spiel der Mannheimer gegen uns gesagt: Die Eisbären sind nicht mehr dasselbe Team, die haben aus ihrer Vergangenheit gelernt. Das stimmt. Wir haben viel verändert. Zum Beispiel war die Arbeit hinter der Bande auf mehrere Schultern verteilt. Mit Hartmut Nickel und Don Jackson hatte ich zwei sehr gute Kotrainer, mit Gilles Lefebvre sogar noch einen Torwarttrainer. Und meine Spieler haben gelernt, im entscheidenden Moment keine Nerven zu zeigen. Sie haben gelernt, immer an sich zu glauben.

Hat der Trainer auch etwas gelernt?

Eine ganze Menge sogar. Ich habe gelernt, wertzuschätzen, was die Spieler an Leistung bringen. Früher war ich manchmal zu hart, habe zu oft an meinen Spielern herumkritisiert. Jetzt habe ich mehr Respekt vor ihnen. Mein Ziel war es, das Team besser zu machen. Am Ende bin ich besser geworden und habe gelernt, dass ich auch noch besser werden muss als Trainer. Das ist schon interessant.

Nun sind die Eisbären ganz oben angekommen. Was machen Sie, damit ihre Mannschaft auch da bleibt?

So hart wie der Gewinn des ersten Meistertitels ist – auf dem Gipfel zu bleiben, ist viel komplizierter. Künftig sind unsere Gegner noch motivierter gegen uns als bisher. Wir haben uns des Stigmas, dass wir niemals Meister werden, entledigt. Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass wir unsere Bereitschaft, uns weiterzuentwickeln, nicht verlieren dürfen.

Wie soll denn die weitere sportliche Entwicklung bei den Eisbären aussehen?

Wir müssen unser Fundament, unsere Organisation weiter ausbauen. Bei vielen Projekten sind wir noch in den Startlöchern, zum Beispiel bei der Ausbildung junger deutscher Spieler.

Sie meinen das Projekt mit den Eisbären Juniors, die in der Oberliga in dieser Saison mit guten Leistungen überrascht haben?

Die Idee, eine gut funktionierende Reservemannschaft in der dritten Liga aufzubauen, hatte ich schon vor drei Jahren. In dieser Saison hat das erstmals funktioniert. Die Nachwuchsspieler haben sich in der ersten Mannschaft etabliert, die Umsetzung meines Planes nimmt Gestalt an. Unser Ziel muss es sein, über die Interessen des Vereins hinauszuschauen und zu sehen, was wir machen können, um das deutsche Eishockey besser und attraktiver für die Zuschauer zu machen.

Wobei die Eisbären, das Gefühl muss man haben, trotz des Titelgewinns noch nicht in ganz Berlin angekommen sind. Die Popularität des Klubs beschränkt sich vor allem auf den Ostteil der Stadt.

Wir sollten Respekt vor der Vergangenheit haben. Es gibt im Osten viel interessante Historie, wozu auch die Geschichte des SC Dynamo gehört. Aber wir sollten nicht in der Vergangenheit leben. Am Dienstag hat mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft eine neue Tradition begonnen: die Tradition der Eisbären.

Das Gespräch führte Claus Vetter.

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