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Wird immer wichtiger für Stuttgart: Torwart Sven Ulreich.

© AFP

Der Chef steht hinten: Sven Ulreich - Stuttgarts Rückhalt

Sven Ulreich wurde beim VfB Stuttgart oft in Frage gestellt. Doch inzwischen hat er sich als klare Nummer eins im Tor seinen Platz im Team gesichert - und nicht nur das.

Wenn Sven Ulreich vom Fußball erzählt, spricht er notgedrungen immer nur vom VfB Stuttgart. Er kennt nichts anderes. Der 23 Jahre alte in Schorndorf bei Stuttgart geborene Spieler kickt dort seit der E-Jugend, was nur ein Teil einer ungewöhnlichen Entwicklung ist, die ihn bis ins Tor der Stuttgarter Profis führte und zum Kandidaten werden ließ, der Ansprüche in Richtung Nationalmannschaft anmelden kann. Wie wertvoll Ulreich einmal sein könnte, wollte in Stuttgart lange keiner sehen, fast hätte man ihn vergrault. Heute ist er zum neuen Gesicht der Mannschaft geworden, die nach dem Abstiegskampf in der vergangenen Saison um eine neue Linie kämpft und am Mittwoch im Viertelfinale des DFB-Pokals auf Bayern München trifft.

Er habe nur gedacht, „jetzt erst Recht“, erzählt Ulreich über die Tage, die fast zu einer Trennung geführt hätten. Zuerst hatte man ihn mit 21 Jahren zum Nachfolger von Jens Lehmann gemacht, nebenbei aber immer weiter nach erfahrenen Torhütern geschaut und ihm so das Gefühl vermittelt, es reiche nicht für die ganz große Karriere. „Ich habe damals auch nicht immer gewusst, was man erwartet hat. Als ich für Jens ins Tor kam, hatte ich zwölf Bundesligaspiele“, sagt Ulreich. „Alles sollte ich in einer Saison hinbekommen. Mich in der Bundesliga behaupten und in die Fußstapfen von Lehmann treten. Das war alles in allem etwas viel auf einmal.“

Man stellte ihn immer wieder in Frage. Er musste für 52 Minuten auf die Bank und, als sich Marc Ziegler verletzte, sofort wieder zurück aufs Feld. Es folgte ein kurioser Zweikampf mit Bernd Leno, einem großen Talent, das von Stuttgarts Amateurteam direkt zu den Profis von Bayer Leverkusen ausgeliehen wurde. Er, so glaubten viele, würde Ulreich verdrängen. „Ich habe da versucht an mich zu denken, an das, was ich kann, und habe keine Wunderdinge von mir erwartet“, sagt Ulreich, der 2003, als die Stuttgarter in der Champions League gegen Manchester United 2:1 gewannen, als Balljunge im Stadion war.

Heute ist Leno an Bayer Leverkusen verkauft. Ulreich bekam im Winter-Trainingslager einen Vertrag bis 2017. Das darf als Durchbruch eines Spielers gelten, der mit zwölf Jahren seinen Vater verlor und dem am Totenbett versprach, es zu schaffen. „Ich bin seit meinem zwölften Lebensjahr der Mann im Haus, habe gelernt, Verantwortung zu übernehmen“, sagt er. „Ich habe gelernt mir nur über das Gedanken zu machen, was ich beeinflussen kann.“

Im Winter des Jahres 2012 ist Ulreich vieles in Stuttgart: Eigengewächs, Kämpfer und Identifikationsfigur. Davon hat der schwäbische Klub nicht mehr viele. In der Vorrunde war der junge Torwart – rein statistisch gesehen – der beste Torhüter der Liga. Häufig rettete er seinen Stuttgartern die Punkte.

„Ich habe mir Respekt erarbeitet, im Verein, im Umfeld und auch in der Mannschaft“, sagt Sven Ulreich, „aber zufrieden bin ich damit noch nicht“. Wenn nun Krisensitzungen der Profis stattfinden, wie vergangene Woche vor dem 2:2 bei Bayer Leverkusen ohne Trainer und Manager, hören die Feldspieler aufmerksam zu, wenn die Stuttgarter Nummer eins etwas zum Spielaufbau sagt. Vor dem Duell gegen Bayern München wird das wieder so sein. „Von hinten sieht man doch einiges“, sagt Sven Ulreich.

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