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© dpa

Sport: Der DFB geht online

DFB-Chef Theo Zwanziger will nun doch Präsident bleiben und die Kommunikation seines Verbandes ändern

Theo Zwanziger ist jetzt Experte fürs Internet. Web 2.0, Bloggen „und wie das alles heißt“ – damit kennt sich der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nun bestens aus. In den vergangenen Wochen hat er Bücher darüber gelesen. Der 63-Jährige, der sich selbst als Kind der Zeitungen und des Fernsehens bezeichnet, hat dabei festgestellt: „Es gibt inzwischen eine dritte Medienwelt.“ Diese Welt soll nun der größte Sportverband der Welt entdecken, der wegen des Internets fast in eine Führungskrise gerutscht wäre. Denn Zwanziger hatte im Dezember vergangenen Jahres überraschend mit dem Rücktritt für den Fall gedroht, dass er eine juristische Auseinandersetzung mit dem freien Journalisten Jens Weinreich verliert. Der hatte ihn in einem Internetblog als „unglaublichen Demagogen“ bezeichnet. Zwanziger sah sich in eine Reihe mit Volksaufwieglern wie Joseph Goebbels gestellt und fühlte sich seiner persönlichen Ehre verletzt. Deshalb, so erklärte er zur Überraschung auch des DFB-Präsidiums, sei er bei einer juristischen Niederlage zum Äußersten bereit, was innerhalb und außerhalb des Verbandes zu Unverständnis und Zweifeln an Zwanzigers Amtsverständnis geführt hatte.

„Wir werden unsere Netzwerke aktivieren“

Inzwischen hat Zwanziger dazugelernt, „schließlich lernt man jeden Tag dazu“, wie er sagt. „Meine Zukunftsperspektive hat sich verändert“, sagt er auf Nachfrage. Er klingt dabei am Telefon ganz ruhig, nicht so aufgebracht wie noch vor einigen Wochen. Zwanziger strebt nun wieder eine Amtszeit bis 2013 an und soll außerdem wie geplant in die Uefa-Exekutive einrücken – was der europäische Fußballverband gestern bestätigte.

Offenbar hat er eingesehen, dass er nicht seine privaten Befindlichkeiten mit dem ihm verliehenen Amt vermengen sollte. Und dass sich eine öffentliche Führungsfigur in elementaren Fragen (wie einem Gerichtsverfahren mit eingeschränkten Erfolgsaussichten) auch nicht beratungsresistent zeigen sollte. Und womöglich hat Zwanziger erkannt, dass viele Behauptungen im Internet von der Pressefreiheit gedeckt und sowieso schwer zu tilgen sind. „Wir werden uns Anwürfen jetzt kommunikativ stellen“, kündigt er an. Und: „Wir werden klären, ob Klage erhoben wird.“ Beendet ist die Affäre, die eigentlich keine war, damit allerdings noch nicht. Es mag zwar sein, dass Zwanziger wieder seinen Frieden mit sich selbst gefunden hat. Es muss sich allerdings erst zeigen, ob ihm seine DFB-Kollegen den Ausrutscher einer unangekündigten Rücktrittsdrohung wegen einer Lappalie dauerhaft übelnehmen.

Zwanziger jedenfalls gibt sich froh, dass er ein Feld gefunden hat, auf dem er sich wieder selbst profilieren kann: die neue Kommunikationsstrategie des DFB. Über umstrittene Fragen wie etwa die Sonntagsspiele der Bundesliga will der DFB nun in eigenen Blogs mit den Fans diskutieren, kündigt Zwanziger an: „Wir werden unsere Netzwerke aktivieren.“

Womöglich ist die Erklärung für Zwanzigers Sinneswandel auch ganz profan. Der DFB-Präsident könnte eingesehen haben, dass er juristisch kaum eine Chance hat, Weinreich das anstößige Zitat gerichtlich untersagen zu lassen. Weinreich jedenfalls, der derzeit in Südafrika recherchiert, äußert sich auf seiner Homepage folgendermaßen: „Ich weiß auch nicht, ob das alles damit zu tun hat, dass es vergangene Woche, am 20. Januar, eine mündliche Verhandlung am Berliner Landgericht gab, bei der ich sogar selbst ein paar Worte sagen durfte, und das Gericht den Widerspruch des DFB gegen die von mir erwirkte Einstweilige Verfügung abgelehnt hat.“

Theo Zwanziger hat diese Ausführungen nicht gelesen. Der Präsident hatte am Freitag einen freien Tag. Im Internet surfte er dabei nicht. „Den Computer habe ich noch nicht angemacht. Ich war lieber laufen.“

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