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Sport: Der die Ruhe hütet

Torwart Fiedler wird heute in Kaiserslautern sein 100. Spiel für Hertha bestreiten

Berlin - Es passierte in der Winterpause der Saison 2003/2004. Hertha lag auf dem 17. Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga. Die Mannschaft, die eigentlich ganz oben hatte angreifen wollen, war verunsichert. Der damalige Trainer Hans Meyer fasste einen mutigen Entschluss: Christian Fiedler, der zuvor sechs Jahre lang ohne nennenswerte Unterbrechungen Ersatztorhüter der Berliner gewesen war, sollte spielen. Gabor Kiraly musste weichen. Es war eine gute Entscheidung – Fiedler spielte stark, auch deshalb schaffte Hertha den Klassenerhalt. Seitdem ist Fiedler erste Wahl. Wenn Hertha BSC heute beim 1. FC Kaiserslautern antritt, wird er sein 100. Bundesligaspiel für die Berliner bestreiten.

Fiedler hat einmal gesagt, dass sich für ihn nicht viel verändert habe, seitdem er Stammtorwart ist. „Das Training und alles andere ist genauso wie vorher.“ Nur wenig kann ihn aus der Ruhe bringen. Es wurde schon häufig behauptet, dass das hinderlich für seine Karriere im harten Fußballgeschäft gewesen sei. In der Winterpause vor zwei Jahren war es sein Vorteil. „Mit dieser unglaublich komplizierten Situation damals ist er sehr gut umgegangen“, sagt Hans Meyer. Auch deshalb habe er Fiedler den Vorzug gegeben. Außerdem habe Kiraly „im Herbst, als es mies lief, Nerven gezeigt“. Fiedler war bis heute kein einziges Mal Nervosität in einem Spiel anzumerken.

Auch in dieser für ihn und Hertha nicht einfachen Spielzeit strahlt Fiedler stets die gewohnte Souveränität aus. Nur drei Spieler in der Mannschaft, die vor kurzem nach 13 Spielen ohne Sieg in einer sportlichen Krise steckte, sind älter als der 31-Jährige. Fiedler wird innerhalb der Mannschaft als Führungsspieler akzeptiert. Er artikuliert diese Rolle selten, sondern lebt sie mit seiner professionellen Einstellung vor. In der Vorbereitung auf diese Saison hatte sich Fiedler schwer am Ellbogen verletzt. Herthas zweiter Torwart Gerhard Tremmel ersetzte ihn in den ersten drei Bundesligaspielen – und brachte enorm starke Leistungen. Tremmel ging davon aus, auch nach Fiedlers Genesung im Tor zu bleiben. Als Trainer Falko Götz Fiedler wieder ins Tor stellte, war der Druck hoch, ihm aber nicht anzumerken. In den ersten beiden Spielen nach seinem Comeback blieb Fiedler ohne Gegentor, die in der Öffentlichkeit geführte Torwart-Diskussion verstummte. Fiedler hatte sich dazu ohnehin nicht mit einem Wort geäußert.

Der auf die Reservebank zurück gesetzte Tremmel erklärte, dass er den Verein am Saisonende verlassen werde. Eine weitere Saison als Ersatztorwart werde er nicht mitmachen. Nach Alternativen für die kommende Spielzeit schaut sich der Klub aber nicht um. „Wir haben einen zweiten Torwart, der alle Voraussetzungen mitbringt“, sagt Herthas Manager Dieter Hoeneß. Der 22-jährige Kevin Stuhr-Ellegaard trainiert mit den Profis, spielt jedoch für die Regionalliga-Mannschaft von Hertha.

Wie Stuhr-Ellegaard hat Fiedler einen Vertrag bis 2008. „Von seiner Einstellung im Training kann ich mir vieles abgucken“, sagte Stuhr-Ellegaard kürzlich. Herthas Torwarttrainer Nello di Martino hat Fiedlers Willensstärke und Ausdauer im Training als seine größte Stärke ausgemacht. „Er arbeitet immer etwas mehr als nötig“, sagt di Martino. Fiedler sei außerdem ein exzellenter Fußballer, der die Abwehrspieler als eine Art Libero unterstütze. „Am Boden ist er der schnellste Mann der Liga“, sagt di Martino. In der vergangenen Saison kassierte Fiedler die wenigsten Gegentreffer der Liga. Warum ist er trotzdem nie Nationaltorhüter geworden? „Weil die Deutschen aus irgendeinem Grund denken, ein Torwart müsse riesig sein und Fiedler diesem Denken zufolge nicht groß genug ist“, sagt di Martino. Christian Fiedler ist 1,80 Meter groß und damit der kleinste Torhüter der Bundesliga.

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