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Sport: Der Dortmunder Trainer hat genug von den Pfiffen und stellt seinen Nachfolger gleich selbst vor

Michael Skibbe kommt aus Gelsenkirchen, von Schalke 04, und solche Leute haben sie in Dortmund nicht besonders gern. Das hat Michael Skibbe zu spüren bekommen, besonders heftig am Freitagabend.

Michael Skibbe kommt aus Gelsenkirchen, von Schalke 04, und solche Leute haben sie in Dortmund nicht besonders gern. Das hat Michael Skibbe zu spüren bekommen, besonders heftig am Freitagabend. Bei der 0:1-Niederlage gegen gegen den 1. FC Kaiserslautern haben ihn die Fans von Borussia Dortmund so laut und heftig und ausdauernd ausgepfiffen wie noch nie in den 19 Monaten und 52 Bundesliga-Spielen, die er auf der Dortmunder Trainerbank zugebracht hat. Einen Tag lang hat Skibbe nachgedacht, dann hatte er genug: "Das tue ich mir nicht mehr an." Am Sonntag ist der 34-Jährige zurückgetreten als Cheftrainer der Borussia. Seinen Nachfolger Bernd Krauss hat er bei seiner Abschiedspressekonferenz gleich selbst vorgestellt. Der neue Mann bringt ungleich günstigere Voraussetzungen mit: Er kommt aus Dortmund.

Skibbe wirkt müde, er spricht von "den massiven Missfallens-Kundgebungen gegen mich, die auch hemmend auf die Mannschaft wirkten", und dass "ein erfolgreiches wie perspektivisches Arbeiten mit mir als Trainer nicht mehr gewährleistet ist". Sein Vertrag ist noch bis zum 30. Juni 2002 datiert. Bis dahin will er dem Verein als Jugendkoordinator dienen.

Sein Nachfolger hat schon einmal bei Borussia gearbeitet, allerdings nicht bei der Dortmunder. Von 1992 bis 1996 war Bernd Krauss Cheftrainer in Mönchengladbach, danach hat er beim spanischen Erstligisten Real Sociedad San Sebastian gearbeitet. Bis zum 25. Oktober vergangenen Jahres, dem Tag seiner Entlassung. In Dortmund schließt sich nun der Kreis für Bernd Krauss. Hier hat er 1977 sein erstes Bundesligaspiel bestritten. Es war sein einziges für Borussia Dortmund. Über einen Abstecher nach Österreich kam er 1983 nach Mönchengladbach. Jetzt hat Krauss in seiner Heimatstadt einen bis zum 30. Juni 2001 datierten Vertrag unterschrieben. Er weiß, was sie von ihm erwarten: "Das Erreichen der Champions League, aber das ist aus meiner Sicht auch ein realistisches Ziel."

Michael Skibbe hat das im vergangenen Jahr geschafft, und dennoch haben ihn die Fans nie so richtig in ihr Herz geschlossen. Ein sportliches Zwischenhoch zum Saisonbeginn, als der mit einer Rekordsumme von über 50 Millionen Mark verstärkte Luxuskader kurzzeitig die Tabellenführung übernahm, schien den Mut der Vereinsführung zu belohnen. Manager Michael Meier konnte nachempfinden, wie die Schmähungen dem Michael Skibbe "unter die Haut gehen". Bis zuletzt hatte der Jungtrainer sogar Verständnis für die Unzufriedenheit der Anhängerschaft gezeigt. Das sei "normal", wenn auch "kein schöner Zustand". Damit müsse er leben.

Vergeblich hatte der Dortmunder Präsident Gerd Niebaum mit der Vertragsverlängerung bis 2002 Rückendeckung für den ungeliebten Coach demonstriert. "Trotz" hatten die lokalen Medien Niebaum darauf unterstellt. Denn die Konstellation, einen Neuling zum Cheftrainer beim Champions-League-Sieger von 1997 zu machen, war vielen so vorgekommen, als wäre einem Jurastudenten das Verfassungsgericht unterstellt worden.

Der jugendliche Fußball-Lehrer stand an der Bank, gekleidet nach dem letzten modischen Schick. Modernen Schnitt aber hat er seiner Mannschaft zuletzt nicht mehr geben können. Nach einer völlig verkorksten Vorbereitung waren auch zur Premiere 2000 keine Konturen, keine Organisation, keine Harmonie, kurz, keine Handschrift, wie man so schön sagt, das Trainers zu erkennen. Jeder rannte und kämpfte, doch das Zusamenspiel blieb so holprig wie der Platz. Das Mittelfeld mit Ricken, But und Nerlinger schleppt in dieser Saison nur Bälle und verschleppt das Tempo. Kein Pass öffnet das Angriffsspiel.

Am Freitagabend, bei jenem 0:1 gegen Kaiserslautern, hätte sich jeder BVB-Anhänger unter den 62 000 Zuschauern Antritt und Schnelligkeit eines Andreas Möller gewünscht, der verletzt ist (Muskelbündelriss) und, wie zu lesen ist, "abserviert" werden soll. Wie schon Thomas Häßler von Michael Skibbe. Den meisten Angriffsdruck entfachten noch die Abwehrspieler, Stefan Reuter, der Beste, oder Christian Wörns. Der Trainer versuchte das schlechte Spiel seiner Mannschaft schönzureden. Doch auch noch so druckreif gesprochene Sätze konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Michael Skibbes Zeit abgelaufen war. Zwei Tage später zog er die finale Konsequenz.

Hartmut Scherzer

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