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Der letzte Star. Profibasketballer Yao Ming (l.) ist einer der wenigen chinesischen Sportler, die international bekannt sind. Foto: AFP

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Sport: Der eine unter einer Milliarde

Die Chinesen suchen verzweifelt nach dem nächsten großen Sportstar

Yao Ming schenkt der Auszeit der Houston Rockets keine Aufmerksamkeit. Während seine Teamkollegen in Pekings Wukesong-Arena über die nächsten Spielzüge beraten, beobachtet der 2,29 Meter große Basketballer eines der vielen Pausenspiele, die sich die US-amerikanische Profiliga NBA ausgedacht hat, um die Zuschauer unaufhörlich zu bespaßen. Später wird ein Maskottchen die chinesischen Basketballfans begeistern, indem es eine Cheerleaderin verschluckt. Nun aber sieht Yao Ming einem Landsmann zu, der sich bei einem Wurfspiel müht. Immer wieder läuft der junge Mann zum Korbleger an, immer wieder schleudert er den Ball an den Korb, immer wieder will der Ball nicht reinfallen. Irgendwann wendet sich Yao Ming mit Bedauern ab, er hat genug gesehen. Auch dieser Nachwuchs gibt keinen Anlass zur Hoffnung.

Es ist nicht nur für die chinesischen Sportfans in der Wukesong-Arena wichtig, dass Yao Ming nach einer einjährigen Verletzungspause wieder in der NBA Basketball spielen kann. Vielmehr bekommt Chinas Sport gerade seinen international bekanntesten Protagonisten zurück und wird ihm wohl noch eine Weile zusehen können. Der Hürdenläufer Liu Xiang hingegen scheint seit seinem verletzungsbedingten Aus bei Olympia 2008 nicht mehr so richtig auf die Beine zu kommen. „Die beiden sind die größten chinesischen Sportstars“, sagt der Sportjournalist Guo Haizhou von „Basketball Pioneer“. Zwar hat China bei den Olympischen Spielen in Peking 51 Goldmedaillen gewonnen, viele jedoch eher in internationalen Randsportarten wie Rudern oder Sportschießen. Der Tischtennisolympiasieger Ma Lin ist nur in China ein Star, die Tennisspielerin Li Na hat mit ihrem Sprung unter die besten zehn der Weltrangliste ihren Bekanntheitsgrad immerhin weiter steigern können. Ein internationaler Star ist sie deshalb noch nicht.

Also feiern die Chinesen Yao Ming solange es noch geht. Als der Centerspieler der Houston Rockets vor 16 996 Zuschauern in Peking aufs Feld läuft, brandet Jubel auf. Diese beiden NBA-Vorbereitungsspiele gegen die New Jersey Nets sind seine Spiele, auch wenn ihm die Ärzte bei seinem Comeback nach einem Jahr Verletzungspause ein Limit von maximal 24 Minuten Spielzeit gesetzt haben. So durfte er in beiden Spielen (91:81 und 95:85) gegen die Nets insgesamt je 19 Minuten spielen und neun beziehungsweise zehn Punkte erzielen. Trotzdem riefen Chinas Fans gegen Spielende seinen Namen. Sie wollten ihren Liebling statt auf der Bank lieber auf dem Basketballparkett sehen.

„Wir wollen sichergehen, dass er sich langsam wieder herantastet und nicht wieder zu müde wird“, erklärt Trainer Rick Adelmann. Erst zu Saisonbeginn dürfte Yao Ming die vollen erlaubten 24 Minuten spielen, die Hälfte der regulären Spielzeit. „Er mag das auch nicht“, sagt Adelmann, „aber das ist das Beste für ihn.“ Später wird Yao Ming mit seiner Bassstimme erklären: „Das ist bei mir wie mit einem Kind: Das mag auch kein Gemüse, aber es ist gut für seine Gesundheit.“ Mit einem gesunden Yao Ming dürften die Houston Rockets in der am 26. Oktober beginnenden Saison zumindest im erweiterten Kreis der Titelanwärter zu finden sein.

Yao Ming ist der Sohn zweier chinesischer Basketball-Nationalspieler. Ein US-Autor behauptet in dem Buch „Operation Yao Ming“ sogar, dass die beiden Centerspieler von chinesischen Sportfunktionären gezielt zusammengebracht worden seien, um einen großgewachsenen Nationalspieler zu zeugen. „Das höre ich zum ersten Mal“, sagt Tao Xingying von der Schanghaier Zeitung „Xinmin Evening News“, „das glaube ich auch nicht.“ Groß ist Yao Ming jedenfalls geworden, auch an Einfluss und Reichtum. 51 Millionen Dollar soll er allein im Olympiajahr 2008 vor allem durch Werbeverträge eingenommen haben. Seit 2009 besitzt er auch seinen Heimatklub Shanghai Sharks, der in der chinesischen Profiliga CBA spielt.

Von den Sharks ist Yao Ming 2002 in die NBA gewechselt, was das Interesse der Chinesen an dieser Liga immens gesteigert hat. Trotzdem ist NBA-Boss David Stern vor einer Zukunft ohne Yao Ming nicht bange. „Jeder hört irgendwann auf, aber die Popularität unserer Sportart wird weitergehen“, sagt er. Und auch die Sportjournalistin Tao Xingying lässt sich von der Superstar-Suche ihrer Kollegen nicht anstecken. „Er wird eines Tages da sein“, sagt sie, „wir kennen ihn nur noch nicht.“

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