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An die Wand gefahren. Eisbären-Verteidiger Kai Wissmann (oben, im Spiel gegen Österreich) überzeugt trotzdem bislang in Wien.

© Imago/Gepa

Der Eishockey-Nachwuchs scheitert in Wien: Zu wenig Geld, zu wenig DEL

Das U-20-Nationalteam scheitert bei der B-WM in Wien und bleibt zweitklassig - warum es für das deutsche Eishockey aber kaum schlechter werden dürfte. Ein Kommentar.

Rauf und dann wieder runter. An sich sind die Nachwuchsnationalmannschaften des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) konstant. Sie steigen zuverlässig aus der A-WM-Gruppe ab und ein Jahr wieder später wieder auf. Insofern schockt die Nachricht, dass nun das U-20-Team des DEB bei der B-WM (der sogenannten Division I) beim Turnier in Wien untergeht und nach Niederlagen gegen Österreich (1:3) und Lettland (1:4) keine Chance mehr auf den Wiederaufstieg hat. Wie groß ist der Rückschlag für das deutsche Eishockey?

Zunächst einmal ist es so, dass die Jahrgänge 1996 und 1997 wohl nicht ganz die Qualität ihrer Vorgängerjahrgänge haben – Spieler wie Leon Draisaitl oder Dominik Kahun sind wohl eher nicht darunter. Ein Blick auf die Statistik offenbart, dass mit Kai Wissmann ein Verteidiger effektivster bester Torschütze ist – der Spieler von den Eisbären Berlin ist einer der wenigen Spieler im U-20-Team, die schon in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) zum Einsatz kommen. Ansonsten kommt das Personal aus Bayern, Düsseldorf, Köln, ja sogar Hamburg und Berlin (auch vom Drittligisten Fass, wie etwa Can Matthäs) und aus Nordamerika, wo viele junge Spieler glauben, eine bessere Perspektive zu finden als in Deutschland.

Denn in die DEL schafft es ein junger Mann eben nicht so schnell, da gibt es Klubs wie die Iserlohn Roosters, die gerade mal zwei in Deutschland geborene Spieler einsetzen. Die Selbstbeschränkung der Klubs an ausländischen Profis, die eingesetzt werden dürfen, wird seit Jahren unterlaufen. In der Liga wird immer noch eingedeutscht, was sich eindeutschen lässt. Iserlohn hat es dabei sicher auf die Spitze getriebene, der Klub wird dem deutschen Eishockey kaum frische rote Blutkörperchen liefern können, ist mehr als eine Art Plasmaexpander zu sehen. Uwe Krupp, jetzt Trainer der Eisbären Berlin und einst  Bundestrainer, sagt: „Um da richtig etwas zu ändern an den Perspektiven für den Nachwuchs, musst du strukturell ganz viel ändern.“ Krupp sagt: „In der DEL sollten nicht mehr als fünf Ausländer pro Team spielen. Das wäre optimal.“

Aber: Das muss nicht schlimm sein und Iserlohn ist nicht Schuld an der Misere des deutschen Eishockeys (des aktiven wohlgemerkt), vielleicht sogar nicht mal die DEL. Das ist eine Profiliga und insofern ist sie nichts anderes als die NHL. Wer da mitspielen will, muss eben gut sein: Aber da beginnt das Problem in Deutschland: Es gibt zwar mehr Eishallen als in Österreich, Lettland und sogar der Slowakei aber nicht unbedingt mehr Eiszeiten. Eishockey spielt in Deutschland als aktiver Sport eine Nebenrolle: Hier trifft vielleicht auch die Liga keine Mitschuld, aber hier könnte sie helfen, den Sport als aktiven Sport populärer zu machen und nicht nur als Zuschauersportart.

Es fehlt an Geld, Eiszeiten, Visionen - und Hilfe von der DEL

Im Nachwuchs fehlt es (fast) überall an Geld, Visionen und vor allem an qualifizierten Trainern. Natürlich auch an Masse (siehe oben), aber vor allem an Qualität. Aber nein, wir müssen uns trotzdem keine Sorgen machen nach der trüben B-WM von Österreich: Mit Leon Draisaitl reift womöglich gerade der größte deutsche Eishockeyspieler aller Zeiten in der NHL. Und dann gibt es ja noch einen wie Tobias Rieder, der auch gerade zu wachsen scheint. Insgesamt dürfte es kaum schlechter werden bei den kommenden WM-Turnieren der Senioren oder bei der Olympiaqualifikation im kommenden Jahr (die wurde ja auch schon letztes Mal verpasst).

Die schlechte Nachricht: Besser wird es in naher Zukunft auch nicht werden mit dem Nachwuchs. Ausreißer nach oben gab es bei den Spielern von Krupp bis Marco Sturm schon immer, wenn auch wohl noch nicht solch starke wie Leon Draisaitl.

Der DEB sollte aber aufpassen – alle beschlossenen Reformen und Ideen des Verbandes und Medaillenträume von Präsident Franz Reindl, der 2026 ja etwas Umhängbares holen möchte, mal außen vorgelassen – dass das Nichtaufsteigen in die höchste Division nicht zum neuen Standard wird. Dann würde der Abstand zu den Großen zu sehr wachsen.  

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