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Sie bleiben ein Team. Aufstiegstrainer Markus Babbel und der größte Teil der Mannschaft sollen in der kommenden Saison an stärkeren Gegnern weiter wachsen. Foto: dpa

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Sport: Der erste Neue ist schon da

Hertha holt Tunay Torun ablösefrei vom Hamburger SV – weitere punktuelle Verstärkungen sollen folgen

Berlin - Patrick Ebert hat bei Hertha BSC derzeit allen Grund zur Freude. Mit seiner Mannschaft hat er am Montag den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga perfekt gemacht, und auch persönlich läuft es für den Mittelfeldspieler derzeit fast beängstigend gut. Zehn Spiele hat er für Hertha bestritten, seitdem er nach seinem Kreuzbandriss in die Mannschaft zurückgekehrt ist; verloren haben die Berliner davon kein einziges. „Und das soll so bleiben“, sagt Ebert und lacht.

Natürlich wissen sie bei Hertha BSC, dass es ab dem Sommer nicht mehr so locker flockig weitergehen wird wie in der Zweiten Liga. Der Klub, der drei Jahre der Extreme hinter sich, sehnt sich fast nach ein bisschen Normalität. „Wir werden als Aufsteiger mit einem Ziel starten: die Klasse zu halten“, sagt Manager Michael Preetz. „Alles andere wäre ein vermessenes Ziel.“ In den Jahren darauf wird es dann allein darum gehen, sich als stabile Kraft in der Liga zu konsolidieren.

Vor 14 Jahren war das ganz anders. Hertha wollte nach dem Aufstieg hoch hinaus, Manager Dieter Hoeneß stand für große Ambitionen, und die Ufa gab das nötige Geld dazu. Michael Preetz war damals schon dabei, als Spieler – und er musste sich nach dem Aufstieg an viele neue Kollegen gewöhnen. „Wir haben den Kader damals komplett verändert“, sagt er. Leidtragender des Umbruchs war unter anderem Stürmer Preetz, dem zu Beginn der Bundesligasaison wie vielen Aufstiegshelden nur die Bank blieb. „Das wird diesmal nicht passieren“, sagt er, „wir gehen mit der Mannschaft in die Bundesliga, die das Ziel Aufstieg erreicht hat.“

Dieser Kader soll nur punktuell aufgehübscht werden – am Mittwochabend gab Hertha schon die erste Maßnahme bekannt: Tunay Torun kommt zur nächsten Saison ablösefrei vom Hamburger SV und erhält einen Dreijahresvertrag. Der 21-jährige gilt als großes Talent und hat im Februar beim 0:0 gegen Südkorea sein erstes Länderspiel für die Türkei bestritten. Der HSV wollte den variablen Offensivspieler, der in bisher 27 Bundesligaspielen zwei Tore schoss, eigentlich auch halten. Insofern ist der Transfer ein kleiner Triumph für Hertha bei der Rückeroberung des verlorenen Prestiges. „Wir sind sehr froh, dass wir mit Tunay Torun einen derzeit sehr umworbenen Spieler verpflichten konnten“, erklärt Preetz nicht ohne Stolz.

Dennoch will Herthas Manager in diesen Tagen weniger über Neuzugänge sprechen als über die, die bleiben. In Bezug auf Trainer Markus Babbel redet er von einer tiefen „Sehnsucht nach einer langfristigen Zusammenarbeit“. Dessen Vertrag hat sich durch den Aufstieg automatisch um ein Jahr bis 2012 verlängert. „Er ist ein junger, aufstrebender Trainer, der am Anfang einer großen Karriere steht“, sagt Preetz. Auch bei Ebert (Vertrag bis 2012), Christian Lell (2013) und Peter Niemeyer (2014) hat sich die vertragliche Situation durch den Aufstieg automatisch geklärt. Für Niemeyer müssen die Berliner 700 000 Euro an Werder Bremen überweisen; Mönchengladbach erhält noch eine halbe Million Euro für Rob Friend.

In der kommenden Saison plant Hertha mit einem Etat von 54 Millionen Euro (in der Zweiten Liga waren es 45 Millionen). Neben höheren Sponsorenerträgen steigen die Fernseheinnahmen, die von acht auf wohl knapp fünfzehn Millionen Euro anwachsen. Die Lizenz für die kommende Saison wird Hertha erhalten, der Klub muss der Deutschen Fußball-Liga aber noch einen fehlenden Vertrag vorlegen. Laut Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller handelt es sich nur um eine Formalität.

Die Berliner wollen den Kurs der finanziellen Konsolidierung weiter fortsetzen, auch deshalb soll der Kader nur sehr behutsam verändert werden. Hertha interessiert sich vor allem für ablösefreie Spieler wie Torun. Der Zwang zum Haushalten trifft sich mit der grundsätzlichen Haltung der sportlich Verantwortlichen. Trainer Babbel glaubt, „dass die Mannschaft das Potenzial hat, Bundesliga zu spielen“. Auf drei Positionen soll es trotzdem noch Verstärkungen geben: im Tor, in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld. Thomas Kraft (Bayern München) und Thomas Kessler (St. Pauli) sind bei Hertha intern als mögliche Kandidaten für den Platz im Tor genannt worden; und auch Andreas Ottl wird recht hartnäckig gehandelt. Allerdings ist der Münchner Mittelfeldspieler von den Bayern Gehaltsdimensionen gewohnt, in die Hertha weder vorstoßen kann noch will.

Grundsätzlich ist es so, dass den Spielern, die das große Ziel erreicht haben, nicht zum Dank teure Neuzugänge vor die Nase gesetzt werden sollen. „Wir haben von unserem Gemeinschaftsgefühl gelebt“, sagt Mittelfeldspieler Peter Niemeyer, „es wäre fatal, die Truppe jetzt auseinanderzureißen.“ Intern wird die Mannschaft als entwicklungsfähig eingeschätzt. „Wir wollen gerade den jungen Spielern die Chance geben zu reifen und zu festen Größen in der Bundesliga zu werden“, sagt Manager Preetz. Der hoch veranlagte Nico Schulz, der zwischenzeitlich das Interesse von Bayer Leverkusen geweckt hatte, scheint kurz vor einer Vertragsverlängerung bei Hertha zu stehen.

Dass viele und teure Neuzugänge nicht das Allheilmittel für Aufsteiger sind, hat Michael Preetz selbst bewiesen. Nachdem er die ersten neun Spieltage 1997/98 auf der Bank verbracht hatte, erzielte er in der Folge 14 Tore und sicherte Hertha den Klassenerhalt.

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