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Thomas Greiss wird zumindest bei der WM nicht mehr für die deutsche Nationalmannschaft im Tor stehen.

© dpa

Der Fall Thomas Greiss: Schlechtes Krisenmanagement beim DEB

Der Deutsche Eishockey-Bund reagiert im Fall Greiss unsouverän und schadet damit auch dem Team.

Es ist der Auftritt, der beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB) aus einem trüben noch einen erträglichen Freitag machen könnte. Marc Hindelang, routinierter Journalist und Vizepräsident des Verbandes, wird vorgeschickt, um die Position des DEB in der Causa Thomas Greiss klarzumachen. Der Eishockey-Nationaltorwart hatte auf einem sozialen Netzwerk nicht nur US-Präsident Donald Trump unterstützt, sondern unter einem Hitler- Hillary-Clinton-Vergleich den „Gefällt mir“-Button gedrückt. Nun wird während der WM in Köln heftig über die Position von Greiss diskutiert. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, hat gesagt: So ein Mann dürfe nicht zu Olympia 2018. Hindelang sagt: „Hitler ist ein No-Go.“

Klare Kante, eindeutige Aussage. An sich hätte es Hindelang dabei belassen können, dann aber fährt er rhetorische Kringel, zitiert Voltaire zum Thema Freiheit, philosophiert über Andersdenkende, sagt, die Eishockeynationalmannschaft sei auch nur „ein Spiegelbild unserer Gesellschaft“. Schließlich erzählt er: „Das ist in der Mannschaft ein Thema. Ein paar Spieler haben gesagt, es ist nicht so doll.“ Andere sähen es anders. Wie anders? Finden die das gut, was der Greiss mag? Hindelang hat seinen Auftritt mit einem starken Powerplay begonnen, er beendet ihn mit einem Gegentor in der Verlängerung und fügt einem wirren Tag beim DEB eine seltsame Episode hinzu.

Das Krisenmanagement beim Verband ist nicht weltmeisterlich, so viel ist klar. Die bisher für die deutsche Mannschaft sportlich durchwachsen verlaufene WM hat noch einen unschönen Nebenschauplatz bekommen. Und der DEB schafft es nicht, diesen vernünftig zu beackern. Am Abend verliert das deutsche Team – mit Greiss als Ersatztorhüter – 2:3 gegen Dänemark nach Verlängerung. Mannschaftskapitän Christian Ehrhoff sagt nach dem Spiel genervt: „Es ist nicht das Tollste, am Spieltag mit so einem Thema konfrontiert zu werden.“

Der Zeitpunkt, zu dem der Fall Greiss hochkocht, ist ungünstig. Was der Torwart von den New York Islanders auf dem Netzwerk Instagram gelikt hat, konnte die ganze Welt seit einem halben Jahr sehen, seit der Wahl in den USA. Auch der DEB wusste von den Vorlieben für unappetitliche Posts, wie Hindelang zugibt. Aber erst am Freitag nimmt Greiss seine Likes auf Instagram zurück – auf Druck des DEB. Hätte der Verband gesagt: Der Thomas hat sich davon distanziert und es auf Eigeninitiative zurückgenommen, dann hätte das besser ausgesehen.

Überforderter Trainer

So aber schwappt die Diskussion bis zum überfordert wirkenden Bundestrainer, der erzählt, er habe von nichts gewusst. Wäre ja auch zu viel verlangt, wenn sich Marco Sturm nun noch um die politischen Ansichten seiner Spieler kümmern müsste. Auf dem Eis liegt ja schon viel im Argen bei der WM. Aber auch Sturm eiert am Freitag herum. Vor dem Spiel gegen die Dänen sagt er, er wisse noch nicht, ob mit Philipp Grubauer von den Washington Capitals doch noch ein Torwart nachnominiert werde. Nach dem Spiel sagt er dann: „Der Grubi sitzt schon im Flieger nach Köln.“

Logo, für das Spiel gegen die Dänen brauchten die Deutschen noch einen Ersatztorwart hinter Danny aus den Birken – und der hieß Thomas Greiss. Er saß auf der Bank, obwohl der Weltklassetorhüter angeblich verletzt ist. Erst hieß es „Oberkörperverletzung“, jetzt ist es der Unterschenkel. Egal, Greiss wird wohl so schnell nicht mehr für Deutschland auflaufen. Das haben alle im Kollektiv zu verstehen gegeben, Greiss selbst, der DEB und womöglich auch Sportfunktionäre.

Der Fall Greiss und die Weiterungen beschäftigen längst nicht mehr nur die Eishockeyszene. Moritz Fürste, deutsche Hockey-Ikone, philosophiert auf seinem Facebook-Account über Meinungsfreiheit. „Natürlich sehe ich die Inhalte der Fotos, welche Thomas Greiss likt, sehr kritisch und distanziere mich auch davon“, schreibt Fürste. „Aber wenn Sportlern jetzt auch vorgeschrieben wird, was Ihnen zu ,gefallen‘ hat und was nicht, dann kann der Sport komplett einpacken.“ Klar, es sei Greiss nicht verboten, ein Fan von US-Präsident Donald Trump zu sein und das zu proklamieren. „Bei den Franzosen spielen bestimmt bei der WM auch Spieler mit, die Marine Le Pen gewählt haben.“ Und in den USA, so sagt auch DEB-Vizepräsident Hindelang, werde das nun mal mit anderer Klinge ausgefochten, wenn es um Politik geht, als in Deutschland. Und: „Der Thomas ist mit einer Amerikanerin verheiratet.“

Die Diskussion wird nun, da Greiss wohl nicht mehr für Deutschland spielt bei der Weltmeisterschaft, abseits der Eisfläche weitergeführt werden. Das hätte Marc Hindelang, oder auch DEB-Präsident Franz Reindl, der am Freitag lieber nichts sagt und damit noch am besten dasteht beim Verband, vielleicht so versprechen können. Es hätte den Druck von der Mannschaft genommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Verband schafft es nicht, die anderen Spieler zu schützen. Den Schaden hatte die Mannschaft dann im Spiel gegen Dänemark. Deshalb ist Christian Ehrhoff so sauer nach der Niederlage.

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