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Sport: Der fallende König

David Beckham muss vielleicht gehen, andere könnten ihm folgen: Real Madrid steckt in einer tiefen Krise

Es war ein Tag, an dem bei Real Madrid eine Nachricht die nächste jagte. „Beckham verlässt den Verein im Juni“, hieß es zunächst. „Cassano wechselt wahrscheinlich im Januar zu Inter Mailand“, wurde später gemeldet. Als habe der Klub zum Winterschlussverkauf geladen, kursierten immer neue Meldungen über angebliche Transfers oder Spielerverkäufe – auf die zumindest im Fall Beckham kurze Zeit später das Dementi folgte. Ob der Vertrag des 31-jährigen Briten im Juni verlängert wird oder nicht, entscheide sich erst in den nächsten Tagen, erklärten schließlich übereinstimmend Beckhams Agent und die Klubleitung. Der Grund für die Verwirrung war ein Interview, das Sportdirektor Predrag Mijatovic dem italienischen Fernsehsender Sky TV gegeben hatte – und das falsch übersetzt worden sei.

Eines ist jedoch klar: Das weiße Trikot mit der Nummer 23 ist David Beckham längst nicht mehr auf unbestimmte Zeit sicher. Damit steht er allerdings nicht alleine: Auch seine Teamkollegen Antonio Cassano, Michel Salgado, Alvaro Mejia und Ronaldo dürften zum Verkauf stehen. Keiner dieser fünf Spieler wird heute zum Achtelfinale im Königspokal gegen Betis Sevilla reisen. Nach zwei Krisengesprächen mit der Klubleitung wolle er nun endlich hart durchgreifen, hat der italienische Coach Fabio Capello gestern verkündet. Und hat diese Spieler zumindest vorerst auf dem Kader genommen.

Außerdem hat der Klub eine Maßnahme ergriffen, die am Dienstag die spanischen Sportmedien sehr verärgert hat: Die hochbezahlte Mannschaft trainiert künftig hinter verschlossenen Türen. Selbst die hauseigenen Medien „Real Madrid TV“ und der Online-Dienst müssen draußen bleiben. Capello hofft, dass sich die Mannschaft so wieder auf das konzentriert, für das sie bezahlt wird: Fußball.

Um die Arbeitsmoral der millionenschweren Stars war es in letzter Zeit schlecht bestellt. Dass einige der Spieler während des morgendlichen Trainings tiefe Ringe unter den Augen haben und noch nach dem Alkohol der letzten Nacht riechen, mag selbst die Klubleitung nicht mehr dementieren. Die Sportpresse beäugt Ronaldos ewigen Kampf um Figur und Form inzwischen allenfalls spöttisch, und auch Capello zeigt sich dem Brasilianer gegenüber unwirsch. Gefragt, wie der Stürmer denn gestern trainiert habe, antwortete er nur knapp: „So wie immer: mittelmäßig.“

Der italienische Coach hat derzeit keinen leichten Job. Die Pläne, mit denen Capello zu Saisonbeginn antrat, gehen nicht auf: Weltfußballer Cannavaro zeigte bisher allenfalls mäßige Leistung, und auch Mahamadou Diarra aus Mali, mit 26 Millionen Euro der teuerste Neuerwerb der Spielzeit, erfüllt nicht die Hoffnungen, die der Trainer in ihn setzte. Gegenüber der Tageszeitung „El Pais“ murrten einige Spieler, die ungenannt bleiben wollten. „Der Klub ist ein einziges Chaos“, sagte einer, der Trainer treffe „unvorhersehbare strategische Entscheidungen, die wir nicht geübt haben“. Glücklich sei er zur Zeit nicht, gab Capello gestern auf einer turbulenten Pressekonferenz zu. „Ich brauche Zeit“, sagte er. Sein Team rangiert auf dem dritten Tabellenplatz, verlor jedoch zuletzt gegen Abstiegskandidaten. „Wir hatten einige gute Auswärtsspiele, aber bei Heimspielen sind einige nicht ruhig genug.“ Da die Mehrzahl der Spieler hinter ihm stehe, denke er nicht an einen Rücktritt. Und auch die Klubleitung stellte sich hinter ihn. „Wir haben eine kleine Krise bei den Spielergebnissen,“ erklärte Sportdirektor Predrag Mijatovic, „aber wir haben Capello unter Vertrag genommen, weil er fähig ist, unsere Probleme zu lösen.“

Mit 15 Millionen Euro würde ein vorzeitiger Abschied vom Trainer Real auch teuer zu stehen kommen. Der Italiener hat einen Sondervertrag, der eine Verpflichtung auf mindestens drei Jahre vorsieht und mit dem er einen Euro mehr verdient als der bestbezahlte Spieler.

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