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Sport: Der Fast-Entscheider

Nachdem bei Miroslav Klose lange nichts läuft, gelingt ihm doch noch das Tor zum 2:1

Ein Stürmer braucht oft nur eine gute Szene in einem Spiel, um sich seinen großen Moment zu erarbeiten. Bei Miroslav Klose kam dieser große Moment nach 79 Spielminuten gegen die Türkei. Eingeleitet wurde Kloses Glanzleistung durch Philipp Lahm. Der bediente den Stürmer vom FC Bayern mit einem langen Pass. Klose sprang hoch, Torwart Rüstü Recber am Ball vorbei, den Klose mit dem Kopf ins Tor wuchtete. 2:1 für Deutschland – der Einzug ins Finale schien perfekt zu sein. Miroslav Klose sei Dank? Nein, es kam anders. Deutschland kassierte den Ausgleich, gewann nach Lahms spätem Tor 3:2. Kloses riesiger Auftritt schrumpfte am Ende zu einem wichtigen Auftritt.

Entschieden hatte Klose das Spiel also nicht, dabei war er der Mann, der es eröffnete. Er kickte den Ball beim Anstoß auf Michael Ballack. Doch dann musste Deutschlands einzige Sturmspitze fast eine Viertelstunde warten, ehe Klose seinen zweiten Ballkontakt hatte. So war das eigentlich nicht geplant, gestern im Halbfinale. Das Spiel der Deutschen stockte, vor allem nach vorn waren zu viele Ungenauigkeiten und Laxheiten dabei. Als Klose das dritte Mal an den Ball kam, lag das deutsche Team schon im Rückstand. Wenigstens behauptete Klose den Ball, und brachte ihn an den eigenen Mann. Seine Mitspieler rangen um Sicherheit, Klose darum, überhaupt ins Spiel zu kommen.

Der erste klare Angriff der Deutschen führte gleich zum Ausgleich, Schweinsteiger traf, Klose trabte in der Mitte hinter einem türkischen Spieler hinterher. Nach einer halben Stunde hatte er seinen ersten halbwegs guten Auftritt, er narrte Innenverteidiger Topal, aber dessen Verstärkung klärte zur Ecke. Die Deutschen brauchen einen gefährlichen Mann in der Spitze, gerade nach der neuen Raumverteilung in ihrem Spiel. Das 4-2-3-1-System, das gegen Portugal erfolgreich praktiziert wurde, hat wesentlichen Einfluss auf die Interpretation von Kloses Rolle als einzige, zentrale Spitze. Er muss die beiden Innenverteidiger beschäftigen, sein Aktionsradius ist weiter vorn. Dafür braucht er sich nicht so weit fallen lassen, um angespielt zu werden.

Als Lukas Podolski über links einen schnellen Konter vorträgt, wählt Klose instinktiv den steilen Weg vor das Tor. Er prescht in die Spitze zum Elfmeterpunkt, doch das Abspiel kommt nicht. Sein Münchner Kollege schießt selbst aufs Tor – drüber.

Mit 40 Länderspieltoren ist Klose der derzeit erfolgreichste deutsche Nationalspieler, aber so schwer wie gestern ist er selten ins Spiel gekommen. Klose hat nicht gerade eine überragende Rückrunde beim FC Bayern gespielt. Nur ein Tor gelang ihm. Aber, und darauf setzte Bundestrainer Joachim Löw, die Turniervorbereitung tat ihm gut. Klose wirkt dynamischer und torgefährlicher. Gegen Portugal gelang ihm im Viertelfinale ein Kopfballtor und die Mannschaft hoffte, dass bei Klose der Knoten geplatzt sei. Denn er ist ein Turnierspieler. Er ist der einzige Spieler, der in zwei aufeinander folgenden Weltmeisterschaften mindestens je fünf Tore erzielt hat.

Gestern gelang ihm zumindest schon sein zweiter Treffer im EM-Turnier – zwar nicht das entscheidende deutsche Tor, aber ein sehr wichtiges.

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