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© DPA

Sport: Der fast perfekte Lauf

Die deutschen Sprinterinnen überraschen mit der Staffel

Die Augen waren noch ziemlich klein am Morgen danach. „Die Feier, die abends im Olympiastadion begonnen hat, ging bis vor ungefähr einer Stunde“, presste Marion Wagner um neun Uhr morgens mit krächzender Stimme hervor. Die Folgen der ausgelassenen Feierlichkeiten zur bronzenen „Überraschungsmedaille“ über die 4 x 100 Meter waren Wagner und ihren drei Staffelkolleginnen deutlich anzusehen. Denn mit Platz drei im Endlauf der Weltmeisterschaften hatten sie alle nicht gerechnet. „Wir wollten unbedingt in den Endlauf“, sagte Anne Möllinger, „aber eine Medaille hätten wir uns niemals erträumt.“

Etwas Glück war dabei, natürlich. Die Ausgangsposition der Deutschen verbesserte sich deutlich, als sich eine der mitfavorisierten Amerikanerinnen im Vorlauf verletzte und die Staffel der USA ausschied. „Man wünscht sich natürlich nie, dass andere ausscheiden“, sagte Wagner, „aber da wussten wir, dass wir eine Chance hatten. Die wollten wir unbedingt nutzen.“ Und dann waren da ja auch noch die 59 926 Zuschauer im ausverkauften Olympiastadion, die die deutschen Sprinterinnen am frühen Abend, quasi zur Samstagabend-Primetime, förmlich über die Bahn schrien. Doch rennen mussten die vier Deutschen dann doch noch ganz allein. Es wurde ein nahezu perfekter Lauf, in dem die vier Sprinterinnen über sich hinauswuchsen. 42:87 stand am Ende auf der Anzeigetafel, eine neue Saisonbestleistung.

An diesem vorletzten WM-Tag zeigten die deutschen Damen, dass sie einiges richtig gemacht hatten in der Vorbereitung. Weil sie wussten, dass sie gegen die starken Läuferinnen aus dem amerikanischen Raum in den Einzeldisziplinen keine Chance haben würden, konzentrierten sie sich auf die Staffel und trainierten verstärkt die Wechsel.

„Wir haben einfach nicht diese Grundschnelligkeit“, sagte Cathleen Tschirch. Also trainierten sie die Stabübergabe, zwei Mal pro Woche, zwei Stunden lang. Und im Gegensatz zur 4-x-100-Meter-Staffel der Männer, die im Vorlauf die Übergabe des Staffelstabes verpatzte, klappte die Übergabe von Wagner auf Möllinger auf Tschirch und schließlich auf Schlussläuferin Verena Sailer im Vorlauf wie im Finale perfekt.

Dass sich Verena Sailer gleich nach der Ziellinie unfreiwillig einmal der Länge nach auf die blaue Bahn des Olympiastadions geworfen hatte, brachte sie mit etwas Abstand schon zum Lachen, auch wenn sie einige Schürfwunden und Schmerzen in der Hüfte davongetragen hat. „Das war schon peinlich“, sagte Sailer, die in Berlin zur großen deutschen Sprinthoffnung aufgestiegen ist. Sie war die einzige weiße Läuferin, die über die 100 Meter der Frauen das Halbfinale erreichte, die schnellste Europäerin. „Das macht mich schon stolz“, sagte die 23-Jährige, die damit auch zur Favoritin für die Europameisterschaften in Barcelona im kommenden Jahr wird.

Gleiches gilt nach diesem WM-Lauf selbstverständlich auch für die Staffel. Denn die Läuferinnen aus Jamaika, den Bahamas und den USA sind dann natürlich nicht am Start. Über all dies wollte Verena Sailer so kurz nach dem phänomenalen WM-Lauf noch nicht sprechen. Sicher ist, dass die 23-Jährige dann noch dabei ist, was bei einer anderen der Bronze-Sprinterinnen noch nicht klar ist. Marion Wagner, die schon 2001 in Edmonton/Kanada mit der Staffel Weltmeisterin wurde, hegte mit 31 Jahren eigentlich bereits Rücktrittsgedanken. Nun aber kommt sie doch noch einmal ins Grübeln. „Ich werde nun vier Wochen Pause machen und mir das in Ruhe überlegen“, sagte Wagner.

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