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Sport: Der FC Barcelona kommt mit viel Selbstbewusstsein, aber ohne Rivaldo nach Berlin

Louis van Gaal eilt der Ruf voraus, ein wenig arrogant zu sein. Zumindest in der Öffentlichkeit tut er wenig dafür, diesen Eindruck zu verwischen.

Louis van Gaal eilt der Ruf voraus, ein wenig arrogant zu sein. Zumindest in der Öffentlichkeit tut er wenig dafür, diesen Eindruck zu verwischen. "Nein, wir haben keine Krise, wir haben nur mehr Druck." Der holländische Fußballlehrer liebt das Spiel auf der Klaviatur der Zwischentöne, und er beherrscht es exzellent. Also: Keine Krise beim FC Barcelona, dafür ein bisschen Druck, und van Gaal läßt keinen Zweifel daran, wer diesen Druck auszuhalten hat: "Da müssen unsere Spieler durch. Schließlich arbeiten sie bei einem der besten Klubs der Welt."

Dabei weiß auch van Gaal nur zu gut, dass sich der FC Barcelona in den letzten Wochen nicht wie ein Klub von Welt verhalten hat, sondern eher mit provinzieller Aura über Spaniens Fußballplätze gestolpert ist. Drei Niederlagen hintereinander, nur fünf Punkte aus den letzten sechs Spielen - der Stolz Katalaniens hat schon mal besser gekickt. Und erfolgreicher.

"Qué pasa?", titelten daraufhin die beiden in Barcelona erscheinenden Tageszeitungen in fingerdicken Buchstaben. Qué pasa, was passiert denn da beim 16-fachen Spanischen Meister? Die Antwort van Gaals ist nicht besonders einfallsreich: "Seit drei Wochen verlieren wir aus dem selben Grund," analysiert er und diktiert deshalb auch seit drei Wochen dieselbe Erklärung: "Wir haben wegen individueller Fehler in der Abwehr verloren." So richtig diese Beobachtung ist, so wenig konstruktiv ist sie auch. "Schließlich ist es einfacher, kollektive Fehler abzustellen als individuelle," sagt der portugiesische Mittelfeldspieler Figo.

Louis van Gaal sieht trotzdem keinen Handlungsbedarf und verkündet ungerührt: "Ich werde an meinem Spielsystem festhalten." Auch heute Abend gegen Hertha BSC. Van Gaal hält nicht viel von den Berlinern, allein die deutschen Mannschaft gemeinhin angedichtete Kampfkraft nötigt ihm Respekt ab: "Man kennt das ja, die Deutschen kämpfen immer bis zum Schluß." Das ist hübsch bemerkt, wenn auch nicht von allzu hohem Neuigkeitswert.

Neu ist dagegen, dass der FC Barcelona heute nicht in Bestbesetzung antreten kann. Dass die Nationalspieler Litmanen (Finnland), Bogarde (Holland) und Abelardo (Spanien) verletzt sind, fällt bei Barças gut bestücktem Aufgebot nicht entscheidend ins Gewicht. Aber gestern, kurz vor dem Abflug nach Berlin, meldete van Gaal seinen persönlichen GAU: Rivaldo, der brasilianische Spiellenker, muss zu Hause bleiben. Probleme mit der Achillessehne, die den hoch aufgeschossenen Brasilianer schon lange quälen, lassen einen Einsatz nicht zu.

Am Ende war es wohl nicht nur sanfter Druck von medizinischer Seite, der Louis van Gaal zum Verzicht auf seinen besten Spieler zwang. "Es besteht keine Gefahr, dass sich die Verletzung verschlimmert, wenn er spielt. Aber aus medizinischer Sicht sehe ich den Spieler nun mal nicht bei 100 Prozent", befand Mannschaftsarzt Dr. Pruna. Dabei hatte der FC Barcelona alles getan, um Rivaldo in Berlin einsetzen zu können. Beim 1:3 am Sonnabend gegen den FC Valencia wurde er geschont, einen Tag später trainierte er schon wieder ganz normal mit der Mannschaft.

Nun wird in Barcelona vermutet, dass Rivaldos Muskelverhärtung eher auf Ermüdung nach seinem Verhandlungsmarathon mit dem Vereinspräsidium zurückzuführen ist. Seit Saisonbeginn zeigt sich der Brasilianer öffentlich unzufrieden mit seinem Jahresgehalt und flirtete schon mal über die Zeitungen mit dem potenten Champions-League-Sieger Manchester United. Rivaldo verdient in Barcelona die Kleinigkeit von 3,7 Millionen Mark im Jahr.

Peer Vorderwülbecke

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