zum Hauptinhalt

Sport: Der gefühlte Abstieg

Nach der 1:2-Heimniederlage gegen Schlusslicht Kaiserslautern werden Herthas Chancen auf den Klassenerhalt immer geringer.

Berlin - Der bitterste Moment für Hertha BSC kam eigentlich schon nach einer halben Stunde. „Absteiger, Absteiger!“, riefen die Fans des 1. FC Kaiserslautern, der hier im Olympiastadion selbst gerade abstieg, den Berlinern entgegen. Als zehn Minuten später das 2:0 für die Gäste fiel, schlossen sich einige Berliner Fans verbal dem Urteil der Gegenkurve an. Tatsächlich spricht nach Herthas 1:2 (0:2)-Niederlage nicht mehr viel für den Klassenerhalt. Die 51 461 Zuschauern pfiffen nach dem Abpfiff kurz, aber schwiegen dann gespenstisch. Was, so die Aussage, soll Aufbegehren jetzt noch bringen? Es war kein faktischer, aber ein gefühlter Abstieg.

Was Hertha zeigte, war einfach viel zu wenig für die Bundesliga. „Ich bin maßlos enttäuscht von der Mannschaft“, sagte Manager Michael Preetz, „so holen wir keinen Punkt mehr.“ Trotz nur zwei Punkten Rückstand auf den Relegationsrang bei zwei ausstehenden Spielen – aus keinem der Gesichter sprach so etwas wie Zuversicht. Auch wenn Otto Rehhagel mit „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ die Mutter aller Durchhalteparolen bemühte. Auf die Frage, warum seine Mannschaft nicht gekämpft habe, antwortete der Trainer: „Ich unterstelle niemandem, dass er nicht will. Aber manchmal will man, kann aber nicht.“ Selbst gegen eine Mannschaft wie Kaiserslautern, die seit 21 Spielen nicht mehr gewonnen hatte und trotz des Sieges endgültig abstieg.

Dabei hatte die heimschwache Hertha vor dem Spiel alles versucht, um Auswärtsatmosphäre herzustellen: Trainer und Ersatzspieler nahmen auf der Gästebank Platz. Auch in der Aufstellung wurde einiges geändert. In seiner Personalnot bot Rehhagel als Linksverteidiger Fabian Holland aus der Regionalligamannschaft auf. Vorne durften Pierre-Michel Lasogga und Adrian Ramos gemeinsam stürmen.

Die offensive Aufstellung wollte Hertha gleich mit Leben füllen. Doch beim Wollen blieb es. Die defensiv sicheren Gäste kamen dagegen gegen die weit aufgerückten Berliner immer wieder zu Konterchancen. Herthas Abwehr offenbarte teilweise ein erschütternd schlechtes Stellungsspiel und Zweikampfverhalten.

Nach vorne klaffte ein Loch im Spielaufbau, weil Raffael zu weit hinten im Mittelfeld spielte, fast auf einer Höhe mit dem desaströs agierenden Abräumer Andreas Ottl. Immer wieder hob ein Ballführender ratlos die Arme. Die Geste hatte schon früh etwas Resignierendes.

Nach 26 Minuten schaute Peter Niemeyer dann im Berliner Strafraum hilflos zu, wie Gegenspieler Olcay Sahan den Ball zu Oliver Kirch beförderte. Christian Lell ließ sich durch eine Drehung überlisten, ging zu Boden und Kirch schoss Kaiserslautern in Führung. Die Berliner Fans riefen: „Wir wollen euch kämpfen sehen!“

Mehr Kampf bekamen sie aber nicht zu sehen. Sinnbildlich die Szene in der 38. Minute: Adrian Ramos ließ sich am Mittelkreis den Ball von Pierre de Wit abnehmen, ging in die Knie und schaute zu, wie der Gegenangriff lief. Konstantinos Fortounis marschierte ungestört durch die Berliner Hälfte und legte quer zu Andrew Wooten, der zum 2:0 traf.

Ein trommelfellgefährdendes Pfeifen begleite die Berliner in die Kabine, aus der sie mit Patrick Ebert für den schwachen Tunay Torun und Fanol Perdedaj für Ramos kamen. Die Umstellung – Lasogga einzige Spitze, Raffael weiter nach vorne – zeigte zunächst keinen Erfolg. Torwart Kraft musste mehrfach das dritte Gegentor verhindern. Minutenlang lag fassungsloses Schweigen über dem Stadion, dann riefen die Fans: „Wir sind Herthaner und ihr nicht!“ Die Mannschaft reagierte. Nach einer Ecke von Ebert köpfte Niemeyer das 1:2 und feuerte die Mitspieler gestenreich an, sich zu wehren.

Hertha erwachte kurz, wurde druckvoller. Doch Kaiserslautern war einem Tor mit seinen Gegenattacken näher . Und Motivator Niemeyer sah für ein Foul an Fortounis zu Recht Gelb-Rot. Zum Schluss gab es wieder Spott der Gäste: „Auf Wiedersehen!“, riefen die Pfälzer Fans und meinten wohl: in der Zweiten Liga.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false