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Nah am Titel. Die Holländer Sneijder, van Persie und van der Wiel feiern die Verteidigung des

© dpa

Sport: Der Griff nach dem Nasazzi-Stab

Warum Holland durch einen Finaleinzug zum Rekordverteidiger des WM-Titels wird

Die Niederlande sind momentan Weltmeister – und das schon seit 2008. So besagt es zumindest die Wertung der inoffiziellen Fußball-Weltmeisterschaft. Doch dieser Titel mag nicht von langer Dauer sein, kann Uruguay im Halbfinale am kommenden Dienstag doch nicht nur die Niederländer aus dem Turnier werfen, sondern ihnen auch den Titel als „Unofficial Football World Cup Champion“ abnehmen“.

Möglich wird dies durch das besondere Reglement der inoffiziellen Weltmeisterschaft, die sich an den Gesetzmäßigkeiten des Boxsports orientiert. Demnach verliert der amtierende Weltmeister seinen Status an denjenigen Gegner, der ihn in der Folge besiegt, ein Unentschieden zählt nicht. So war 2008 mal Italien Champion, verlor dann aber gegen Ungarn, die jedoch unterlagen in der WM-Qualifikation Schweden, die ihrerseits von Holland in einem Freundschaftsspiel geschlagen wurden. Das war am 19. November 2008, seitdem hält sich die Elftal schadlos. Ohne es zu wissen, ist die Mannschaft von Trainer Bert van Marwijk inoffizieller Weltmeister.

„Eine unglaubliche Serie der Niederländer. Sollten sie es bis ins Finale schaffen, wären sie das Team mit der längsten Titelverteidigung in der Geschichte“, sagt Paul Brown. Er muss es wissen, denn schließlich wacht er über die ausführlichen Statistiken des inoffiziellen Wettbewerbs. Sie reichen zurück bis ins Jahr 1872, dem Jahr des ersten Länderspiel zwischen Schottland und England. 800 Spiele wurden seitdem ausgewertet, 40 verschiedene Nationen haben den Titel bereits gewonnen, darunter auch wahre Fußball-Exoten wie die Niederländischen Antillen.

Aber es gibt noch viele weitere erstaunliche Erkenntnisse: Laut dieser Statistik war Österreich im Jahr 1931 der erste Weltmeister aus Europa. Und in der Gesamtwertung, bei der es für die Länder pro verteidigtem oder errungenem Titel einen Punkt gibt, führt Schottland. Eben auch, weil die Teams auf der Insel in der Rückschau schon Ende des 19. Jahrhunderts um den Titel als weltbestes Team spielten.

Fast schon folgerichtig war es auch einem Schotten zu verdanken, dass die inoffizielle Statistik im Jahr 2002 ins Leben gerufen wurde. In einer Call-In-Sendung eines britischen Radiosenders regte der Mann an, dass Schottland doch eigentlich im Jahr 1967 den Titel als beste Mannschaft der Welt errungen habe. Schließlich gewann die Mannschaft in jenem Jahr mit 4:2 gegen den amtierenden Weltmeister England. Eine logische Schlussfolgerung, wie sie auch von den „Weltpokalsiegerbesiegern“ aus St. Pauli hätte stammen können.

Das fand auch Paul Brown, damals Journalist des „Guardian“, und machte sich mit Freunden daran, eine Liste der Weltmeister zu erstellen, die dieser Interpretation gerecht wurde. Heraus kam die „unberühmte, noch inoffizielle Weltrangliste“, so Brown. Selbst die Fifa steht dem UFWC wohlwollend gegenüber. „Wir wünschen allen Fans viel Spaß mit dieser Statistik“, hieß es in einer Erklärung. Im Internet kursiert für diesen inoffizielle WM-Titel der Name „Nasazzi-Stab“. Jose Nasazzi führte Uruguay als Kapitän 1930 zum ersten Weltmeistertitel, dem offiziellen wohlgemerkt. Er wird in Uruguay immer noch wie ein Nationalheiliger verehrt. Im Halbfinale kann Uruguay den nach einem ihrer größten Helden benannten Pokal gegen die Niederlande gewinnen. Und ganz nebenbei würde Uruguay in diesem Fall ins Finale der WM einziehen, ganz offiziell.

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