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Mit Kanonen auf Schanzen. Künstlicher Schnee rettet so manchen Weltcup.

© picture alliance / dpa

Der Klimawandel und die Folgen für den Skisport: Letzte Rettung Himalaya

Die Klimaerwärmung hat auch für den Wintersport dramatische Folgen. Die Veranstalter müssen innovative Lösungen finden. Sonst bleibt nur der Himalaya.

Strahlender Sonnenschein, ein tiefverschneiter Olympiaberg, Minustemperaturen – eigentlich herrschten am Neujahrstag perfekte Bedingungen für den Weltcup-Parallelslalom im Winter-Wunderland München. Der Wettbewerb mit dem Lokalhelden Felix Neureuther war allerdings schon eine Woche vor Weihnachten wegen hoher Plustemperaturen zum dritten Mal in den letzten fünf Jahren abgesagt worden. Wetterkapriolen mit Temperaturunterschieden von bis zu 20 Grad binnen Tagen und die Klimaerwärmung sorgen für immer größere Probleme im Wettkampfkalender der Ski-Spitzensportler, in dem an jedem Weltcup ein Millionenumsatz hängt.

„Es wird zunehmend schwieriger für uns Wintersportler“, sagt Hermann Weinbuch, der Bundestrainer der Nordischen Kombinierer. „Es gibt weniger Schnee, und zugleich wird das Wetter immer wechselhafter und turbulenter.“ Auch Oberstdorf hatte sich Mitte Dezember für den Notfall gerüstet. Überall war es grün, kein Schnee für das Auftaktspringen der Vierschanzentournee war in Sicht. Also wurde eine finnische Spezialfirma engagiert, die in zehn Meter hohen Silos selbst bei Temperaturen bis 30 Grad Plus Schnee produzieren kann. So hatte sie bereits den Weltcup-Auftakt im November in Klingenthal abgesichert. Zehntausende Euro wurden investiert, dann begann es am Abend des ersten Weihnachtstages in Oberstdorf doch zu schneien. Und hörte tagelang nicht mehr auf. Erst war gar kein Schnee da – dann zu viel. Dazu kam ein turbulenter Wind, weshalb erstmals in der über 60-jährigen Geschichte der Start in die Vierschanzentournee um einen Tag verschoben werden musste.

Schon das war ein echter Kraftakt, weil heutzutage finanziell wie organisatorisch unglaublich viel an solch einer Weltcup-Veranstaltung hängt. Bei der Verschiebung des Tourneeauftaks in Oberstdorf musste die Polizei ihre Zustimmung geben, um mit genügend Beamten vor Ort zu sein. Ein Großteil des Tournee-Trosses brauchte mitten in der besten Urlaubszeit eine zusätzliche Übernachtung. Shuttlebusse für bis zu 25 000 Zuschauer mussten ein zweites Mal bereitgestellt werden. Auch das Fernsehen, das für einen Gutteil des Millionenumsatzes sorgt, redete wegen der Übertragungszeit mit. Und dann waren da noch die 650 ehrenamtlichen Helfer, von denen viele am Montag einen normalen Arbeitstag hatten. Trotzdem schafften sie Unmengen Neuschnee aus dem Aufsprunghang und retteten so die Durchführung des Wettbewerbs.

„Wir hatten im Spätherbst erst eine starke West-Südströmung, so dass wegen der Wärme nicht einmal die Schneekanonen in größeren Höhen laufen konnten“, sagte der Wetterexperte Klaus Leßmann zum Wetter-Jojo. „Dann kam die kalte Nordkomponente rein, die in feuchter Luft für ausreichend Schnee gesorgt hat.“ Wegen der gewaltigen Neuschneemengen von teilweise über einem Meter sind an diesem Wochenende die Tour de Ski der Langläufer mit ihrem Startort Oberstdorf und der Kombinierer-Weltcup in Schonach in Sachen Unterlage gesichert. Allerdings drohen laut Weinbuch andere Probleme: „Es sind starke Winde vorhergesagt.“ Mittelfristig sagt Wetterexperte Leßmann dem Skisport große Probleme voraus: „Im Zusammenhang mit dem Klimawandel wird es immer schwieriger werden.“ Laut einer Studie der Ludwig-Maximilians-Universität in München wird 2050 die Zugspitze wohl das einzige Skigebiet in Deutschland sein.

Deswegen sind im Skisport immer innovativere Lösungen gefragt. Die Silos, in denen Schnee produziert werden kann, sind eine. Wettbewerbe in Skihallen wie in Neuss oder Skitunneln wie in Oberhof könnten eine andere sein. „Skisport würde in der Halle viel von seinem Reiz verlieren“, hat jedoch Gianfranco Kasper als Präsident des Ski-Weltverbandes Fis bereits gesagt und eine ganz andere revolutionäre Idee ins Spiel gebracht: „Wir müssen in Sachen Austragungsorte flexibler werden. Nepal und der Himalaya könnten irgendwann unsere letzten Ausweichmöglichkeiten sein.“ Lars Becker

Von Lars Becker

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