zum Hauptinhalt

Sport: "Der kommt nicht wieder"

ROTENBURG .Am Montag hat Wendell Alexis das Trainingslager Alba Berlins im hessischen Städtchen Rotenburg erreicht - planmäßig.

ROTENBURG .Am Montag hat Wendell Alexis das Trainingslager Alba Berlins im hessischen Städtchen Rotenburg erreicht - planmäßig.Gestern, so lautete offiziell die weitere Planung, sollte Wassili Karassew (Foto: Peters) eintreffen und die Mannschaft damit, zweieinhalb Wochen vor dem Bundesliga-Start, endlich komplett sein.Der Spielmacher des Deutschen Basketball-Meisters und der russischen Nationalmannschaft hat von seinem Arbeitgeber ein Flug-Ticket via Frankfurt in Moskau hinterlegt bekommen.Auch der Transfer von Frankfurt nach Rotenburg war organisiert.Wie dem US-Amerikaner Alexis, der kürzlich bei der WM in Athen Bronze gewonnen hatte, gewährte man auch dem russischen Vizeweltmeister ein paar freie Tage.

Gestern sollte der Kurzurlaub enden.Niemand im Team rechnete wirklich mit Karassews Erscheinen."Wir haben gehört, daß er seiner Familie wegen in Moskau bleiben möchte", sagte Mannschaftskapitän Henrik Rödl, "aber das sind alles Gerüchte." Center Geert Hammink meinte: "Der kommt nicht wieder." Die Version des Vereins klingt so: "Wir gehen davon aus, daß er kommt.Er steht in einem Vertragsverhältnis", verkündete Manager Robert Mayer nach außen hin zuversichtlich.Aufgesetzter Optimismus, wie er selbst durchblicken ließ: "Wir müssen ja alles tun." Im Spieler-Hotel Rodenberg war kein Zimmer für den Russen reserviert.Hier immerhin klappte alles wie geplant.Wassili Karassew kam nicht.

Der Russe hat in Berlin vor gut einem Jahr einen Vertrag für ein Jahr plus Option für ein weiteres Jahr unterschrieben.Weil Alba diese Option wahrnahm, muß Wassili Karassew laut Vertrag in Berlin bleiben."Ich habe mehrere Male mit ihm gesprochen", sagte Albas Trainer Svetislav Pesic, "ich habe zu ihm gesagt: Die Mannschaft braucht dich, ich brauche dich.Dein nächstes Jahr wird entscheidend für deine sportliche Karriere.Du mußt außerdem an dein Image in Europa denken." Noch während der Play-offs habe Karassew ihm erklärt, er verhandle nicht mit ZSKA Moskau."Das war gelogen.So etwas haben wir noch nicht gehabt bei Alba, daß ein Spieler seinen Vertrag nicht erfüllen will", schimpft der Trainer, "das ist eine Unverschämtheit von ihm und auch von ZSKA."

Es ist eine ärgerliche Geschichte für den Deutschen Meister.Der jugoslawische Welt- und Europameister Sascha Obradovic, der von 1994 bis 1997 Albas Spielmacher war und mit dem Klub Deutsche Meisterschaft, DBB-Pokal und Korac-Cup gewann, wäre gern nach Berlin zurückgekehrt.In der vergangenen Saison spielte der Serbe für den italienischen Erstligisten Rom.Als ihm die Römer die Verlängerung des Kontraktes anboten, rief Sascha Obradovic bei Pesic an: "Ich habe eine Woche Zeit, um mich zu entscheiden." Der Berliner Trainer antwortete: "Tut mir leid, Sascha, aber wir haben schon einen Spielmacher." Obradovic unterschrieb in Italien.Svetislav Pesic sagt nun: "Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, daß Wassili sich anders entscheidet." Es ist eine schwache Hoffnung.

Wenn Karassew nicht doch noch in Rotenburg erscheint, werden sein Agent Luciano Capicchioni und der Weltverband FIBA von Alba informiert, "und dann", sagt Pesic, "wird er erklären müssen, wo das Problem ist".Am Ende, das weiß auch der Trainer, wird die FIBA beiden Vereinen zureden, sich gütlich zu einigen.ZSKA wird vermutlich eine Ablösesumme bezahlen, und die Basketball-Welt wird sich weiterdrehen.Den Berlinern wäre mit Geld jedoch wenig geholfen.Sie werden sich schwertun, es für einen neuen Playmaker auszugeben.Die erste Kandidaten-Wahl hat längst neue Verträge, viele Amerikaner wie Rick Brunson, der bei Alba ein Probetraining absolvierte, warten die Entwicklung in der NBA ab, wo derzeit Spieler und Klubs um das liebe Geld feilschen.Pesic mag nicht einmal ausschließen, daß sein Team personell so bleibt, wie es jetzt ist.

Wie der Zufall es will, bestreitet Alba Berlin sein erstes Europaliga-Heimspiel am 24.September ausgerechnet gegen ZSKA Moskau.Begegnen werden sich Karassew und seine bisherige Mannschaft allerdings schon vorher beim Testturnier in Belgrad.Eingeladen sind Alba und ZSKA.Wassili Karassew wurde als Spieler gemeldet.Von beiden.

DIETMAR WENCK (FULDA)

Zur Startseite