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Sport: Der letzte Aufschlag

Wenn Tibor Weißenborn in der nächsten Woche auf dem Flughafen Berlin-Tegel landen wird, dann erwartet ihn ein großer Empfang. Die Hockeymannschaft des Berliner HC will den 20-Jährigen mit Sekt und Blumen feiern - ein gebührender Rahmen für den besten Juniorenspieler der Welt und gerade gekürten Weltmeister.

Wenn Tibor Weißenborn in der nächsten Woche auf dem Flughafen Berlin-Tegel landen wird, dann erwartet ihn ein großer Empfang. Die Hockeymannschaft des Berliner HC will den 20-Jährigen mit Sekt und Blumen feiern - ein gebührender Rahmen für den besten Juniorenspieler der Welt und gerade gekürten Weltmeister. Vielleicht müssen sie Weißenborn bei dieser Gelegenheit aber noch eine schlechte Nachricht überbringen: den Rückzug seines Vereins aus der Hockey-Bundesliga.

Viele Berliner Sportvereine stehen vor dem Aus. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will die Sportförderung weiter absenken. Nach senatsinternen Plänen sollen keine Erlöse aus der Spielbank mehr an Berliner Bundesliga-Klubs fließen. Bisher gingen vier Prozent der Spielbank-Gewinne an Vereine - für Auswärtsfahrten und Übungsleiter. Im vergangenen Jahr umfasste die Förderung 1,5 Millionen Euro. Am Wochenende will die Koalition beraten, ob das Geld gestrichen wird. In der Sportverwaltung von Senator Klaus Böger (SPD) wird hektisch nach Alternativen gesucht. Offiziell heißt es aber: "Vor dem 19. März nehmen wir keine Stellung."

Die Gegner haben sich bereits positioniert. In den Koalitionsfraktionen bemühen sich Sportpolitiker um Widerstand. "Langsam ist die Grenze bei den Kürzungen erreicht", sagt Karin Seidel-Kalmutzki von der SPD. Walter Kaczmarczyk von der PDS beharrt sogar darauf, "die Förderung durch Lotto- und Spielbank-Mittel im bisherigen Umfang beizubehalten". Das stehe auch im Koalitionsvertrag. Der Landessportbund (LSB) mag die alten Versprechen allerdings nicht mehr glauben. "Wir stehen vor der Zerstörung aller sportlichen Grundstrukturen", sagt LSB-Direktor Norbert Skowronek. Die Sportvertreter sprachen am Montag bei Senator Böger vor. Und auch Berlins Bundesligisten machen Druck. Sie haben Existenzangst.

Beispiel 3 B: Die Berliner Tischtennis-Damen gewannen am Freitag den ETTU-Cup, einen Europapokal. Damit sind sie Berlins erfolgreichstes Tischtennis-Team seit mehr als 30 Jahren. Der Verein bekam in der vergangenen Saison 20 000 Euro aus der Spielbank-Kasse, immerhin 15 Prozent des Gesamt-Etats. Manager Rainer Lotsch entwickelt nun ein Notprogramm: "Wenn uns die Mittel gestrichen werden, müssen wir unseren Nachwuchstrainer entlassen und die Jugendmannschaften zurückziehen." Derzeit trainieren 120 Mädchen und Jungen im Verein - mit Erfolg. Die zweite Mannschaft von 3 B steht vor dem Aufstieg in die Zweite Liga, das dritte Team - mit Spielerinnen zwischen 13 und 15 Jahren - vor dem Sprung in die Regionalliga. Doch die Träume der Jugendlichen dürften zerplatzen, wenn die Sparvorgaben erfüllt werden sollen. "Wir müssen die Kinder auf die Straße setzen", klagt Lotsch.

In der Berliner Sportszene sitzt der Frust tief. Nach der unglücklichen Absage der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012 gerät Sportsenator Böger erneut in die Schusslinie. Konservative Zeitungen bezeichnen den Senator angesichts aktueller Schulkürzungen und Bäderschließungen als "schwächstes Glied in der SPD-Senatoren-Kette". Böger versucht, zu beschwichtigen und Erfolge herauszustellen. Vor vier Wochen verglich er im Tagesspiegel-Interview den Berliner Sport noch mit einem luxuriösen Zweitwagen. Zu dessen Extras zählte Böger damals die Spielbank-Mittel.

Doch solche Worte reichen nicht mehr. "Der Sportsenator muss sich wehren", fordert Stefan Zipter, Geschäftsführer des Berliner Hockey-Klubs. Er rechnet vor, was der Wegfall der Spielbank-Mittel den Verein kosten würde: 20 000 Euro von 55 000 Euro Gesamt-Etat im Damenbereich, 15 000 von 40 000 Euro im Herrenbereich. "Wovon soll ich eine Auswärtsfahrt nach München bezahlen?", fragt Zipter. "Und wie sollen wir unsere Jugendteams trainieren?" Drei Nachwuchsteams des BHC beendeten die letzte Saison als Deutsche Meister. Nun ist fraglich, ob sie überhaupt weiterspielen. Zur Kürzung bei den Jugendlichen sieht der Verein nur eine Alternative: den Rückzug der Bundesliga-Mannschaft. Dann würde allerdings Weltmeister Tibor Weißenborn den Verein verlassen. Zipter prophezeit: "Berlin könnte bald sein größtes Hockey-Talent verlieren."

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