zum Hauptinhalt
Im Kies. Der spanische MotoGP-Fahrer Jorge Lorenzo stürzte am Wochenende auf dem Sachsenring drei Mal.

© dpa

Der letzte Motorrad-Grand-Prix?: Dem Sachsenring droht das Aus

An diesem Wochenende könnten zum letzten Mal die Motorräder fahren. Der Grand Prix am Sachsenring steht vor dem Aus. Dabei ist das Rennen gut besucht wie eh und je.

Die Tribünen entlang der Motorrad-Rennstrecke sind bereits bei den ersten Trainingsrunden gut gefüllt, die Fans enthusiastisch und zahlreich: Insgesamt werden wohl erneut mehr als 200 000 Besucher zum Rennwochenende an den Sachsenring pilgern. Und das, obwohl die deutschen Motorrad-Piloten beim Großen Preis von Deutschland erneut nur eine Nebenrolle spielen. Trotz aller Euphorie könnte es der vorerst letzte Grand Prix auf der traditionsreichen Runde zwischen Zwickau und Chemnitz sein.

Sportlich setzte bisher der spanische WM-Führende Marc Marquez die Akzente. Er startet am Sonntag (14 Uhr) vom ersten Startplatz und strebt seinen siebten Sieg in Folge auf der deutschen Strecke an. Fan-Liebling Valentino Rossi startet von der dritten Position und hat sich Einiges vorgenommen: „Wenn das Wetter stimmt, sehen wir ein interessantes Rennen.“ Ein schlimmes Wochenende durchlebte zunächst Weltmeister Jorge Lorenzo: Er stürzte drei Mal und geht als Elfter ins Rennen.

Unterdessen rumort es im Hintergrund der größten Sportveranstaltung Deutschlands. Während sich WM-Vermarkter Dorna und der ADAC weitgehend einig sind, knistert es zwischen ADAC und der Sachsenring-Rennstrecken-Management GmbH. Die SRM richtet seit 2011 die Veranstaltung für den Automobilclub aus. Beim ADAC bestehen Zweifel, ob die kommunale SRM GmbH organisatorisch und finanziell in der Lage ist, einen neuen Vertrag ab 2017 zu erfüllen.

Die Betreiber kämpfen um die "allerletzte Chance"

Trotz des einzigartigen Charakters und einer Geschichte, die bis ins Jahr 1927 zurückreicht, kämpft die SRM jedes Jahr erneut darum, schwarze Zahlen zu schreiben. ADAC-Motorsportpräsident Hermann Tomczyk erhöhte nun den Druck: „Die SRM hat jetzt eine allerletzte Chance. Wenn nicht bis zur zweiten Augustwoche geliefert wird, wird es kommendes Jahr keinen Motorrad-Grand-Prix auf dem Sachsenring geben.“

Die zahlreichen Rossi-Fans, die den Ring auch in diesem Jahr in ein neongelbes Fahnenmeer hüllen, sind sauer: „Dann fahren wir eher nach Brünn. Die Motorrad-WM in Deutschland gehört auf den Sachsenring“, sagt Alex aus Gera.

Stefan Bradl, aktuell der einzige Pilot in der Königsklasse MotoGP und im Qualifying nur 17., mag die Streckenführung nicht. Er stürzte im Training am Freitag in der berüchtigten Kurve elf, unmittelbar nach Jorge Lorenzo. Dabei rutschte Bradls Aprilia gefährlich nahe am Spanier und an den herbeieilenden Streckenposten vorbei. Der Grund: auf sieben Linkskurven folgt eine schnelle nach rechts, die ungleichmäßig temperierten Reifen quittieren das gerne mit einem Rutschen, seit Jahren sind die Sturzzahlen so hoch wie bei kaum einem anderen GP.

„Es macht mir einfach keine Freude hier, und das geht allen MotoGP-Fahrern so. Der Sachsenring ist für uns einfach nur öde, ein Schmarrn“, sagte der aufgebrachte 26-Jährige, der aber betonte, dass auch er das Drumherum am Sachsenring sehr schätze.

Für ihn kann es so oder so die vorerst letzte Reise zum Sachsenring sein. Sein Vertrag bei Aprilia läuft aus und fast alle Plätze im Fahrerlager für 2017 sind bereits vergeben. „Ich versuche noch, das meiste aus dieser Saison rauszuholen.“

Das Motorrad befindet sich noch in der Entwicklungsphase, dennoch schaffte es der Moto2-Weltmeister von 2011 zuletzt als eine Art besserer Testfahrer regelmäßig in die Punkte. Wenn Bradl nicht doch noch in der Königsklasse unterschreibt, zieht es ihn wahrscheinlich in die Superbike-WM. Ein Angebot von Honda würde ihn dort zum Werksfahrer machen: „Die Vorteile eines Werksteams erlebe ich bei Aprilia. Da gibt es mehr Manpower und mehr Budget.“ Auch ein Angebot des deutschen Moto2-Teams Intact GP, Jonas Folger zu ersetzen, reizt ihn nicht.

Folger ist der Einzige, der aktuell für positive Schlagzeilen sorgt. Der 22-Jährige steigt im kommenden Jahr im privaten Yamaha-Team Tech3 in die Königsklasse auf. Er möchte die Strecke auf keinen Fall missen. „Der Sachsenring gehört einfach zur MotoGP – schon immer. Es hat sich hier so eine positive Gemeinschaft gebildet“, sagt er, obwohl er hier wenig erfolgreich war: Platz sieben 2011 ist seine Bestleistung. Dennoch sagt er: „Das ist wie ein Festival. Es macht auch uns Fahrern Spaß.“

Der Geschäftsführer gibt sich optimistisch

Nach einer kleinen Durststrecke von vier Rennen, in denen der potenzielle Siegfahrer nicht auf das Podium fahren konnte, möchte Folger am Sachsenring wieder an die Erfolge vom Saisonbeginn anknüpfen. „Wir sind in den Einstellungen vom Motorrad wieder zurückgegangen zum Saisonstart, jetzt habe ich wieder ein besseres Gefühl und mehr Vertrauen.“

Im Qualifying konnte Folger das nicht bestätigen, mehr als Rang 13 war nicht drin. Folgers deutscher Teamkollege Sandro Cortese schaffte es immerhin auf den sechsten Startplatz. Dennoch: Der Berkheimer kommt auch im vierten Jahr im eigens um ihn aufgebauten Team nicht voran. Der letzte deutsche Sieger des Heim-Grand-Prix (2012) hat auch noch kein Motorrad für die kommende Saison und scheint sich darauf zu verlassen, dass Intact mit ihm weitermacht. Teamchef Jürgen Lingg sagt jedoch, er wolle einen Siegfahrer verpflichten.

Die Motorradfans hoffen indes, dass sie im kommenden Jahr alle deutschen Piloten wieder auf dem Sachsenring bejubeln können – egal in welcher Klasse. Sachsenring-Geschäftsführer Wolfgang Streubel ist zuversichtlich: „Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Hausaufgaben immer gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, warum es diesmal anders sein sollte.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false