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Kuss zum Schluss. Vettel liebkost den Lohn seiner Mühen. Foto: dapd

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Sport: Der Mann, der nicht zu Boden geht

Die Formel-1-Welt verneigt sich: Bei seiner Aufholjagd in Abu Dhabi zeigt Sebastian Vettel alle Qualitäten eines großen Champions.

Abu Dhabi - Die Formel-1-Welt lag Sebastian Vettel nach seinem Traumrennen von Abu Dhabi regelrecht zu Füßen. Ob der Präsident des Automobil-Weltverbands (Fia) Jean Todt, der gleich nach dem Rennen zum Gratulieren vorbeikam, ob frühere Piloten wie Alexander Wurz, Christian Danner oder David Coulthard, ob die eigenen Teamchefs Christian Horner und Helmut Marko oder die internationale Medienwelt: Sie alle ergingen sich in Lobeshymnen auf den Heppenheimer.

Obwohl Kimi Räikkönen im Lotus den Großen Preis von Abu Dhabi gewonnen hatte, obwohl der Ferrari-Pilot Fernando Alonso mit dem zweiten Rang bis auf zehn WM-Punkte an Vettel heranrückte, war der Deutsche doch der Mann des Rennens gewesen. Aus der Boxengasse gestartet, war er auf Rang drei ins Ziel gekommen und dabei gleich zweimal durchs Feld gepflügt. „Man sieht einfach: Er ist ein großartiger Racer, ein fantastischer Fahrer, ein fantastischer Champion“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner, der Vettel das „vielleicht beste Rennen seiner Karriere“ attestierte. Auch Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali zollte später dem wahren Sieger mit kargen Worten Respekt: „Wir wussten, dass er da sein würde.“

Auch der so Gelobte, der sich normalerweise nicht von Euphorie anstecken lässt, sprach immerhin von einem „besonderen Rennen. Es ist schon schwierig genug, einmal an fast allen anderen Piloten vorbeizugehen; wir mussten das heute zweimal machen.“ Zweifel daran habe es bei ihm aber nie gegeben. Von seinem verdutzten Teamchef hatte sich Vettel vor dem Rennen mit den Worten „Wir sehen uns auf dem Podium“ verabschiedet. Horner: „Und er hat das wirklich geglaubt.“

Das Bestechende an Vettel ist, dass er sich durch Rückschläge nicht aus der Ruhe bringen lässt. „Man darf Rückschläge gar nicht als solche annehmen“, erklärte er. „Wenn man sich nicht niederboxen lässt, muss man gar nicht erst wieder aufstehen.“ Und so blieb Vettel stehen, ob ihm nun im Rennen der Frontflügel kaputtging oder er vorher nicht von ihm verursachte Fehler ausbaden musste.

Die Mischung aus Können und unerschütterlichem Selbstvertrauen, gepaart mit einer oft außergewöhnlichen Sensibilität für Stimmungen und seine Umgebung, macht Sebastian Vettel so stark. Sie ist, zusammen natürlich mit dem schnellen Auto, der Hauptgrund dafür, dass der aktuelle Weltmeister wahrscheinlich seinen dritten Titel in Folge holen wird. Das gelang bisher nur Juan Manuel Fangio und Michael Schumacher. Schon beim vorletzten Saisonrennen in den USA in zwei Wochen könnte es soweit sein, wenn Vettel 15 Punkte mehr holt als Alonso.

Eine weitere, mithin unbeachtete Stärke Vettels ist seine demonstrative Bescheidenheit. Nach seiner Sternstunde in Abu Dhabi stellte er sich nicht selbst in den Vordergrund, wie es Alonso unter anderem mit seinen obskuren Samurai-Twitter-Weisheiten gern tut. Er lobte stattdessen das Zusammenspiel mit seiner Mannschaft. „Das Team ist gewillt, absolut alles zu geben – man ernährt sich gegenseitig“, sagte Vettel. „Wir feuern uns gegenseitig an, das Maximum herauszuholen.“

Dabei war es wieder einmal Vettel, der das Team nach der peinlichen Tankpanne in der Qualifikation aufgerichtet hatte, und nicht umgekehrt. Die Rennstallführung gab nach der Disqualifikation wegen fehlenden Sprits kein gutes Bild ab. Dass Horner weit über eine Stunde brauchte, um nach viel Fingernägelgekaue doch noch eine Stellungnahme abzugeben, war nicht sehr professionell.

Sebastian Vettel dagegen hatte auch in der ersten Enttäuschung weder seine Lockerheit noch die Übersicht verloren. Als er nach der Qualifikation beim Abgang von der Strecke von Kameras umringt wurde, rief er seinen durch sämtliche Blumenbeete trampelnden Verfolgern grinsend zu: „Nun passt doch auf! Wegen meiner Strafe müssen doch jetzt nicht die Blumen zertreten werden.“ Karin Sturm

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