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Sport: Der Mann im Kind

Rafael Nadal ist erst 18, steht im Halbfinale von Paris und gilt als talentiertester Spieler seit Boris Becker

Auf Geburtstagsgeschenke wird Rafael Nadal in diesem Jahr verzichten können. Er kann sich am Freitag, wenn er 19 Jahre wird, nur selbst beschenken. Denn mit einem Sieg im Halbfinale der French Open gegen Roger Federer könnte er gleich bei seinem Debüt in Roland Garros ins Finale einziehen. Und sich damit in die Reihe der jungen Champions Chang (17 Jahre), Wilander (18) und Borg (19) einreihen. „Das wäre schon toll“, kommentiert er trocken. Er ist ein bisschen schüchtern und im Grunde noch ein Kind, das nicht genau weiß, was gerade mit ihm passiert.

Der Spanier ist schließlich so etwas wie der neue Wunderknabe des Tennis. John McEnroe persönlich hat „Rafa“ dazu ausgerufen: „Er ist der beste, talentierteste und beeindruckendste Spieler, den ich seit dem jungen Boris Becker gesehen habe.“ Fünf Titel hat der Spanier im Jahr 2005 schon gewonnen. Darunter die ATP-Turniere in Monte Carlo und Rom. 46 Siege stehen sechs Niederlagen gegenüber. Nur sein Kontrahent am Freitag ist mit nur zwei Niederlagen bei 46 Siegen besser. Im direkten Duell steht es 1:1, und dieses Halbfinale gilt schon jetzt als vorgezogenes Endspiel zwischen den zwei zurzeit besten Spielern.

Aber an den Rummel muss sich Nadal, Nummer fünf der Welt, erst noch gewöhnen. Sein Blick scheint ständig die Frage zu stellen: Was wollt ihr von mir, ich will nur Tennis spielen? Das von der mallorquinischen Sonne gebräunte Gesicht wirkt noch jungenhaft. Und englische Fragen mag er überhaupt nicht, weil ihm sein Englisch zu peinlich ist. Sobald er aber seine weiße Dreiviertelhose, das ärmellose grüne Shirt und das Stirnband trägt und seinen gelb besaiteten Schläger aus der Tasche holt, brennt ein Feuer in ihm. Dann ist er wie verwandelt und schon gar kein Kind mehr.

Knallhart und mit unwahrscheinlich viel Spin spielt er, so dass seine Bälle meterhoch vom Pariser Sand abspringen. Sein Körper strotzt vor Kraft. Er ist extrem beweglich und seine sehr gute Fitness bringt ihm viele Vorteile ein. Rituale auf dem Platz hat er ebenfalls schon entwickelt. Wenn es wichtig und eng wird, zupft er vor dem Aufschlag Hose und Strümpfe zurecht. Und wenn ihm, wie im Viertelfinale gegen David Ferrer, ein traumhafter Passierschlag gelingt, springt er über den Platz und ballt seine Faust.

Seine Gegner haben es schwer gegen den Linkshänder. „Er ist viel gefährlicher als Goran Ivanisevic oder Marcelo Rios, die auch Linkshänder sind, weil er mit viel mehr Effet spielt“, sagt die Nummer eins der Welt über seinen Halbfinal-Gegner. Nadal hat genau wie Federer bisher nur einen Satz im Turnier abgeben müssen. Und für den Spanier war das mit widrigen Umständen verbunden.

Es war im Achtelfinale gegen Sebastian Grosjean, als das Publikum auf dem Centre Court einen Eklat erzeugte. Zehn Minuten lang pfiffen sie den argentinischen Schiedsrichter Damien Steiner aus, so dass das Spiel unterbrochen werden musste. Als es weiterging, beklatschten sie Nadals Fehler lautstark. Nichts Neues für Paris, aber doch für den 18-Jährigen: „So etwas habe ich noch nicht erlebt, das hat mich schon aus der Konzentration gebracht, deshalb habe ich den Satz auch verloren.“

Es könnte ein Schlüsselspiel für Rafael Nadal gewesen sein, denn er konnte diesen Moment der großen Verwirrung meistern. Im Rest des Spiels blieb er cool wie ein Großer. 6:0 fertigte er Grosjean im nächsten Satz ab und gewann am Ende das Spiel souverän.

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