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Sport: Der nächste Akt ist immer der schwerste

Auch der Theatersport sucht seinen Weltmeister

Berlin - In seinem roten Trikot verzückt der Teufel die Fans im ausverkauften Stadion. Davon träumen sie in Kaiserslautern, wo die „Roten Teufel“, wie die Fußballer des Bundesligisten genannt werden, gegen den Abstieg kämpfen. Der Schauspieler, der auf der Bühne des „Shake“ am Berliner Ostbahnhof gerade die Schlussnummer des Mini-Musicals „Der beste Teufel zaubert“ singt, hat keine Abstiegssorgen. Kämpfen muss er trotzdem – um die Gunst der Zuschauer. Das ist Theatersport.

Spartak Stanislawski und Dynamo Duse heißen die Gegner. Die Zuschauer entscheiden per Zuruf, welche Stücke die jeweils drei Spieler pro Team improvisieren. Und sie stimmen mit farbigen Karten darüber ab, wer besser gespielt hat. Ein Pianist klimpert dazu, ein Spielleiter wacht über die Einhaltung der Regeln.

Mit Fußball hat das mehr zu tun als vermutet: Im Rahmenprogramm der Fußball-WM findet vom 26.6. bis zum 7.7 in elf deutschen Städten die erste Theatersport-WM statt. 16 Teams haben sich qualifiziert, in 55 Spielen ermitteln sie den Titelträger, der in Berlin gekürt werden wird. Die Kosten von 300 000 Euro trägt unter anderem die vom Bund finanzierte WM-Kulturstiftung.

Den Vergleich mit Fernsehshows wie der „Schillerstraße“ hören die Improvisationskünstler nicht gerne. „Wir machen Theater und keine Comedy“, sagt Guido Rörick vom Theatersport Berlin. Der größte Unterschied zum Fußball liegt im unbedingten Fairplay: Während die Kleinkunst dort nicht immer friedlich gemeint ist – man denke an die Kopfnüsse dieser Tage –, verstehen sich die Akteure hier als Missionare des Miteinanders. Und während beim Fußball – wie Jean-Paul Sartre sagte – sich alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft verkompliziert, spielen sich die Teams im Theatersport die Bälle zu.

„Wir müssen eine gute Show für die Zuschauer bieten“, sagt Roland Trescher, der sich „Nationaltrainer“ nennt und die elf deutschen Spieler – bis auf einen Psychologen durchweg Bühnenprofis – auf die WM vorbereitet. Italien, Neuseeland und Kolumbien heißen die Gruppengegner, die Turnierfavoriten Kanada und USA warten später. Treschers Ziel heißt Finale. Dafür wird in Berlin noch ein Raum für 600 Zuschauer gesucht.

An diesem Abend begünstigt die etwas willkürliche Punkteverteilung des Spielleiters den 25:22-Sieg der „Roten“ von Spartak. Bei der WM bestraft ein zusätzlicher Schiedsrichter Spieler, die „dazwischenquatschen“. Eine interessante Idee für die richtige WM.

Jens Poggenpohl

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