zum Hauptinhalt
Nach sechs sieglosen Spielen muss Michael Oenning seinen Trainerposten beim Hamburger SV räumen.

© dpa

Update

Der Nächste, bitte!: HSV feuert Michael Oenning

Erst hieß es, Michael Oenning wird trotz der Negativserie des Hamburger SV Trainer bleiben. Doch dann kommt plötzlich alles ganz anders und der HSV begibt sich auf die Suche nach dem achten Chefcoach seit 2007.

Sie waren wild entschlossen, es weiter mit Michael Oenning zu versuchen. Trotz seiner verheerenden saisonübergreifenden Bilanz von einem Sieg aus 13 Spielen wollten Sportchef Frank Arnesen und der Vereinsvorsitzende Carl-Edgar Jarchow am 45 Jahre alten Trainer festhalten. Nicht schon wieder ein Trainerwechsel, war die Devise. Doch die Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach (0:1) am Samstag, mehr noch die taktische Aufstellung, in der Oenning es versuchte – mit David Jarolim als eine Art Rechtsaußen – schockierte Arnesen, Jarchow und die Fußball-Öffentlichkeit. Als hätten sie noch diesen einen Beleg für Oennings Unfähigkeit gebraucht, den Hamburger SV zu trainieren, Oenning lieferte ihn. Am Montag trennte sich der HSV nach sechs Monaten von Oenning.

Am Sonntag hatte Arnesen versichert, Oenning werde am kommenden Freitag im Flugzeug zum Spiel in Stuttgart neben ihm sitzen. „Am Sonntag hatte ich noch ein gutes Gefühl“, erklärt der Sportdirektor, „aber Fußball ist so: Nach zwei Tagen musst du nicht mit dem Herzen denken, sondern mit dem Verstand.“ Der HSV sei in einer prekären Situation, weshalb man nach vielen intensiven Gesprächen zu der Überzeugung gekommen sei, „dass wir diese Entscheidung treffen mussten“. Oenning signalisierte Verständnis: „Es ist auch für mich nachvollziehbar, dass der Verein in der jetzigen Situation einen anderen Weg gehen muss.“ Die Liste möglicher Nachfolger ist dünn – der ehemalige Hamburger Trainer Huub Stevens hatte sich selbst ins Gespräch gebracht, gilt aber nicht als Kandidat. Der frühere Bochumer Trainer Marcel Koller liegt aussichtsreich im Rennen.

Gesucht wird ein erfahrener, respektierter Übungsleiter mit Bundesligakenntnissen, der den HSV davor bewahren soll, im Jahr seines 125-jährigen Bestehens 2012 zum ersten Mal in die Zweitklassigkeit zu stürzen. Arnesen hatte schon vor einer Woche im Gespräch mit dieser Zeitung durchblicken lassen, über einen „Plan B“ im Falle weiterer Niederlagen zu verfügen. Übergangstrainer bis zur nächsten Partie wird der ehemalige Profi Rodolfo Cardoso sein. Er verantwortet derzeit die zweite Mannschaft des HSV. Cardoso wird dorthin zurückkehren, wenn der neue Trainer gefunden ist.

Als Tabellenletzter hatte Oenning keine Argumente mehr und zuletzt nur noch Durchhalteparolen zu bieten: Seine Mannschaft benötige Zeit, um zu einem eingespielten Team zu werden. Lange war der HSV für seine Verhältnisse geduldig mit dem Trainer, obwohl der Saisonstart spätestens mit dem 0:5 gegen den FC Bayern am dritten Spieltag als verpatzt gelten durfte. Jarchow und Arnesen wollten nicht, dass der HSV als untrainierbar dasteht. Schließlich hatte der Klub seit Thomas Dolls Entlassung 2007 in Stevens, Jol, Moniz, Labbadia und Veh fünf zum Teil namhafte Übungsleiter verschlissen. Oennings Nachfolger wird nun der achte Coach der Hamburger seit Januar 2007 sein. Dieser Fakt, der undurchsichtig zusammengestellte Kader, der Tabellenplatz und das fehlende Geld machen die Suche nach einem qualifizierten Mann nicht leichter.

Mag Oenning zu unerfahren für einen Großklub wie den HSV gewesen sein und hat er mit seinen ewigen taktischen und personellen Änderungen ohne klaren Spielstil auch viel zum Fall ans Tabellenende beigetragen, so erzählt die Geschichte der ersten Trainerentlassung der Saison auch von schweren Managementfehlern: In das Vakuum hinein, das der Rücktritt des ehemaligen Vorsitzenden Hoffmann erzeugte, beförderten Jarchow und Arnesen einen Mann zum Chef, von dem in Verein und Mannschaft niemand so Recht überzeugt war. Weil es in der Vereinsspitze der Hamburger plötzlich niemanden mit Expertise und Vernetzung im Gewerbe mehr gab, nahm man den Nächstbesten, um Ruhe zu haben. Ein fataler Fehler. Auf der anderen Seite war Oenning froh über den Job und nahm die Spieler, die sein Vorgesetzter Arnesen ihm lieferte. Ohne zu murren.

Zuletzt sollen sich einige Spieler an Arnesen gewendet haben, um zu signalisieren, dass es mit diesem Trainer eng werden könne im Abstiegskampf. Das war am Ende einer Woche, in der Oenning ein 4-3-3-System einstudiert hatte, ehe er im Abschlusstraining offenbarte, 4-2-3-1 spielen zu wollen. Mit Jarolim als verkapptem Rechtsaußen. Im Grunde hätte man ihn allein deshalb entlassen müssen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false