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Sport: Der Paar-Minuten-Mann

Nelson Valdez hat in dieser Saison nur dann für Werder Bremen getroffen, wenn er in der Schlussphase eingewechselt wurde

Dort, wo er eigentlich gar nicht sein will, hat Nelson Haedo Valdez einen festen Platz. „Ich sitze ganz außen links“, sagt der Stürmer. Ganz außen links auf der Ersatzbank von Werder Bremen – dort hat der 21-Jährige in dieser Saison viel Zeit verbracht. Es ist schon ein Ritual: Valdez sitzt bis zur Halbzeit auf der Bank, läuft sich dann warm, wird Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt, und oft ist 20 Minuten später vom Joker die Rede, der dem SV Werder wieder den Sieg gerettet hat.

Sieben Tore hat Valdez in dieser Saison geschossen – immer wurde er zuvor eingewechselt. Kein Reservespieler in der Bundesliga ist so torgefährlich wie der Paraguayer. Im letzten Champions-League-Gruppenspiel im Dezember in Valencia kam Valdez zehn Minuten vor Schluss, traf zweimal und sicherte seiner Mannschaft den Einzug ins Achtelfinale, in dem Werder Bremen heute Abend (20.45 Uhr, live auf Premiere) im Weserstadion auf Olympique Lyon trifft.

Dennoch könnte es sein, dass der Stürmer auch heute zunächst wieder auf der Bank sitzt. Miroslav Klose hat sich von einer Grippe erholt, auch Ivan Klasnic hat wieder mittrainiert. Sind die beiden Stammspieler fit, werden sie wohl spielen. Schließlich hat sich Valdez für die Rolle des Kurzarbeiters empfohlen. Spielt er von Anfang an, wie am Samstag beim 4:1-Sieg der Bremer in Hannover, trifft er selten – wird er aber eingewechselt, schießt er oft das Siegtor.

Offenbar braucht der Stürmer die besondere Atmosphäre der Schlussphase, wenn die Verteidiger müde werden. „Wenn ich nur 20 Minuten spiele, dann kann ich die ganze Zeit volle Kraft gehen“, sagt Valdez. Die Bremer Fans bejubeln jede Einwechslung des Stürmers, enthält sie doch das Versprechen, dass noch ein Tor für ihr Team fallen könnte. Der Stürmer genießt das, lieber aber würde er länger spielen. Vor zehn Tagen in Wolfsburg war Valdez 15 Minuten auf dem Platz, erzielte den 3:2-Siegtreffer und sagte anschließend: „Wenn ich zehn Minuten länger gespielt hätte, dann hätte ich zwei Tore geschossen.“

Dieses Selbstvertrauen ist nicht ungewöhnlich, bei dem Weg, den Nelson Valdez hinter sich hat. Als Elfjähriger fuhr er im Lastwagen Holz aus, mit 15 verließ er sein Heimatdorf San Joaquin, um beim Profiklub Atletico Tembetary Fußball zu spielen. Zwei Jahre später erhielt er ein Angebot aus Bremen und erfüllte sich den Traum, Fußballprofi in Europa zu werden. Und auch das nächste große Ziel hat Valdez bereits vor Augen: „Gegen Barcelona zu spielen, das wäre ein Traum“, sagt er. Sollte Werder die nächste Runde der Champions League erreichen, wäre das möglich. Und wenn es nur für 20 Minuten ist.

Steffen Hudemann[Bremen]

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