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Sport: Der Querdenker

Ralf Schumacher denkt gar nicht daran, Montoya im WM-Kampf der Formel 1 zu helfen

Indianapolis. So mancher glaubte seinen Ohren nicht recht zu trauen, als Ralf Schumacher in kleiner Runde starke Töne verbreitete. Es war ein paar Tage vor dem Formel-1-Grand-Prix in Indianapolis (Sonntag, 20 Uhr, live in RTL und Premiere), und der BMW-Williams-Pilot Schumacher verkündete forsch, er werde selbstverständlich weder in den USA noch zwei Wochen später beim WM-Finale in Suzuka für seinen Teamkollegen Juan Pablo Montoya fahren. Montoyas WM-Chancen? Geht mich doch nichts an, sollte das heißen. Das waren wirklich starke Worte. Denn keine Frage wird zurzeit in der Formel 1 intensiver diskutiert als die nach der Stallorder, der offiziell verbotenen Hilfe eines Teamkollegen für den anderen. Besser gesagt: Jeder diskutiert, wie dieses Verbot umgangen werden kann. Alle, außer Ralf Schumacher.

Die Stallorder kam auf die schwarze Liste, nachdem 2002 der so genannte Ferrari-Skandal Medien und Fans zum Aufschrei getrieben hatte. Damals musste Ferrari-Pilot Rubens Barrichello beim Großen Preis von Österreich seinen Teamkollegen Michael Schumacher gewinnen lassen, damit der Weltmeister werden konnte.

Ralf Schumacher würde sich so nicht ausbremsen lassen. Jedenfalls behauptet er das. Und er beruft sich dabei auf Traditionen: „Das hat es bei uns im Team noch nie gegeben, und das wird es auch nicht geben.“ Tatsächlich verlor Williams aus genau diesem Grund auch schon mal den Fahrer-Titel. 1981 nahmen sich Alan Jones und Carlos Reutemann gegenseitig die Punkte weg, Weltmeister wurde Nelson Piquet im Brabham. 1986 dann bekriegten sich Piquet und Nigel Mansell so intensiv, dass der Titel am Ende an Alain Prost im McLaren ging. Tatsache ist: Williams-Teamchef Frank Williams war stets Verfechter der Taktik, beiden Fahrern freie Fahrt zu geben. Allerdings versah er diese Taktik in letzter Zeit immer öfter mit dem Zusatz: „Solange beide noch Chancen auf den Titel haben.“

Ralf Schumacher hat aber keine mehr. Trotzdem sagt der Pilot: „Juan hat meine Hilfe bis jetzt nicht gebraucht und wird sie wohl auch nicht brauchen. Das sollen er und Michael unter sich ausmachen.“ Realitätsfernes Wunschdenken, taktische Aussagen - oder tatsächlich feste Überzeugung? Ob er wirklich glaube, gewinnen zu dürfen, wenn Montoya hinter ihm liegen sollte? „Das ist doch kein Problem, dann liegt Juan-Pablo ja vor Michael, und das ist doch das Entscheidende“, erwiderte Ralf Schumacher auf solche Überlegungen. Dass in so einem Fall aber Montoya möglicherweise zwei in der WM am Ende entscheidende Punkte verlieren könnte, das erwähnte er nicht. „Wenn ich gewinnen kann, dann will ich das auch. Das wird bei uns im Team auch nicht anders verlangt“, sagt er stattdessen. Kürzlich hörte sich das bei seinem Teamchef allerdings anders an. Der sagte: „Ralf darf Montoya im Titelkampf nicht im Wege stehen.“ Davon will Ralf Schumacher aber nichts wissen: „Zu mir hat er das nicht gesagt. Davon abgesehen ist Teamorder ja auch verboten.“

Eines ist offensichtlich: Die beiden anderen WM-Titelkandidaten müssen sich zumindest um die Kooperationsbereitschaft ihrer Teamkollegen keine Sorgen machen. Rubens Barrichello, der 2002 in Indianapolis von Michael Schumacher den Sieg geschenkt bekommen hatte, deutete an, dass er sich revanchieren würde. Und McLaren-Mercedes-Pilot David Coulthard erklärte: „Ich bin ein Teamplayer.“ Anders ausgedrückt: Sein Teamkollege Kimi Räikkönen muss sich keine Sorgen machen.

Nur darf die Hilfe natürlich nicht zu offensichtlich werden. Aber wer kann es schon nachweisen, wenn ein Teamkollege aus Versehen mal einen entscheidenden Fehler macht. Oder ein Tankstopp dauert ein bisschen länger als üblich.

Und in so einer Situation an der Box hätte Ralf Schumacher gar nichts zu entscheiden.

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