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Sport: „Der Respekt für den Trainer ist größer“ Ulli Stielike über Bernd Schuster und Real Madrid

Herr Stielike, hat Real Madrid mit Bernd Schuster künftig einen deutschen oder einen spanischen Trainer?Einen spanischen.

Herr Stielike, hat Real Madrid mit Bernd Schuster künftig einen deutschen oder einen spanischen Trainer?

Einen spanischen.

Weil er als Fußballer die meiste Zeit in Spanien gespielt hat?

Zum einen das. Vor allem aber hat er als Trainer weit mehr Erfahrung in Spanien gesammelt als in Deutschland.

Worin liegt der Unterschied?

In Spanien wird dem Trainer generell eine sehr viel größere Wertschätzung entgegengebracht als in Deutschland. Der Trainer muss sich seine Stellung innerhalb der Mannschaft nicht erst erarbeiten. Er wird von vornherein als Vorgesetzter akzeptiert – allein aufgrund seiner Position. In Deutschland hat es der Trainer viel schwerer. Und dann kommt auch noch der Umgang mit der Boulevardpresse hinzu. Die gibt es in Spanien nicht.

Woher kommt diese Wertschätzung für den Trainer?

Dieser Respekt hat auch etwas mit der spanischen Mentalität zu tun. Die Familie ist dort sehr wichtig. Das Familienoberhaupt, ältere Leute generell werden sehr respektvoll behandelt.

Heißt das auch, dass der Trainer besser verdient als die Spieler? Bei Fabio Capello soll das so gewesen sein.

Das wäre ja wahnwitzig. Stellen Sie sich vor, Sie verpflichten einen jungen Trainer, und der bekommt mehr Geld als solche Stars wie Beckham, Zidane oder Roberto Carlos.

Auf den international renommierten Capello folgt jetzt der 47-jährige Bernd Schuster, ein relativ unerfahrener Trainer, der noch keine Titel gewonnen hat. Steht diese Personalie für eine neue Vereinslinie?

Erst einmal ist es für mich einfach unverständlich, dass man einen Trainer entlässt, der gerade Meister geworden ist. Ich weiß nicht, ob alle Mitglieder damit einverstanden sind, dass ihre Beiträge dafür verwendet werden, dass man eine hohe Abfindung für Capello bezahlt. Aber das ist ja nichts Neues. Die Geschichte wiederholt sich. Ich glaube, von Schuster verspricht sich Real einiges. Dass er den Titel holt, wird eigentlich vorausgesetzt. Aber dann soll die Mannschaft auch noch besseren Fußball spielen als zuletzt.

Glauben Sie, dass Reals Vereinsführung bei Schuster mehr Geduld aufbringt, als sie es zuletzt getan hat?

Nein. Natürlich besitzt Schuster einen Sympathiebonus bei den Fans und bei den Mitgliedern, weil er selbst das weiße Trikot getragen hat. Aber die Erwartungen an ihn sind auch dementsprechend.

In Deutschland hat Schuster nur in der Zweiten Liga als Trainer gearbeitet – und das nicht einmal besonders erfolgreich.

Das hat für Real keine Rolle gespielt. Da war nur seine spanische Vorgeschichte entscheidend.

Wieso funktioniert Schuster in Spanien, in Deutschland aber nicht?

Ich glaube nicht, dass man das so allgemein sagen kann. Bei einem jungen Trainer ist es nicht anders als bei jungen Spielern. Die müssen sich auch erst entwickeln – das sehen Sie im Moment an Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski. Bernd Schuster hat als Trainer in Deutschland angefangen. Das waren seine Lehrjahre. Inzwischen ist er sehr viel weiter.

Haben Sie Kontakt zu ihm?

Zum letzten Mal habe ich ihn gesehen, als er noch Trainer in Jerez war. Das liegt also schon einige Zeit zurück.

Sie haben mit Schuster zusammen in der Nationalmannschaft gespielt. Ist er wirklich so ein schwieriger Typ, wie ihm in Deutschland nachgesagt wird?

Wir hatten nur eine kurze gemeinsame Phase in der Nationalmannschaft mit dem Gewinn der Europameisterschaft 1980 als Höhepunkt. Bernd war ein junger Kerl. Schwierig ist er mir nicht vorgekommen, eher schüchtern und verschlossen.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns.

Ulli Stielike, 52,

hat von 1977 bis 1985 für den spanischen Rekordmeister Real Madrid gespielt. Nach der WM 2006 wurde er Nationaltrainer der Elfenbeinküste.

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