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Hochgearbeitet. Zuletzt gewann Birnbacher den Oberhofer Massenstart. Foto: dapd

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Sport: Der Spätstarter

Andreas Birnbacher ist derzeit der beste deutsche Biathlet, doch dafür musste er lange kämpfen.

Neben seiner großen Schwäche, dem Hochseefischen, hat Andreas Birnbacher noch eine zweite Leidenschaft. „Mich faszinieren andere Länder“, erzählt der 30-jährige Oberbayer, der einen ausgedehnten Strandurlaub einer Ferienreise nach Skandinavien definitiv immer vorziehen würde. Am Montagmorgen allerdings machte sich Deutschlands bislang erfolgreichster Biathlet in diesem Winter weder auf den Weg zu den Weltmeeren noch nach Norwegen oder Schweden. Stattdessen ging’s von Oberhof aus nach Nove Mesto. In ein 10 000-Einwohnern-Städtchen in Tschechien, das ab Mittwoch seine Weltcup-Premiere im Biathlon feiert – und das Andreas Birnbacher bislang nur vom Hörensagen kannte.

Aufgeregt ist der aktuell viertbeste Mann im Gesamtweltcup wegen der anstehenden Eingewöhnung ans neue Terrain allerdings nicht. „Ich war zwar noch nie dort. Aber ob man eine Strecke kennt oder nicht, ist scheißegal“, sagt er. „Man läuft die Strecke einmal ab und dann weiß man ja alles.“ So einfach ist das bei den Männern mit Ski und Gewehr, wobei den formidablen Schützen vom SC Schleching in diesem Winter eine besondere Lässigkeit auszeichnet. Zum Abschluss der Wettkämpfe am Rennsteig gewann Birnbacher das Massenstartrennen über 15 Kilometer, obwohl er vor dem Start ein miserables Gefühl hatte.

Dass er dann trotzdem mit einer lupenreinen Serie am Schießstand (20 Schuss, 20 Treffer) siegte, überraschte ihn selbst am meisten. „Ich weiß gar nicht, wie das passiert ist“, stammelte Birnbacher im Ziel, wobei er sich nur noch schemenhaft an die vier Teilübungen mit dem Gewehr erinnern konnte. „Ich hab’ die Schüsse irgendwie reingewackelt“, sagte er in dem beruhigenden Wissen um eine geglückte Generalprobe für die WM in Ruhpolding.

Kurz vor Weihnachten hatte der erfahrenste Biathlet im deutschen Kader nach Michael Greis in Hochfilzen bereits das Verfolgungsrennen gewonnen – mit hauchdünnem Vorsprung vor dem Norweger Ole Einar Björndalen, dem Evergreen der Branche. „Ich dachte, das wäre unmöglich“, sagte der 30-Jährige da noch. Doch mittlerweile hält sich die Überraschung über die eigenen Leistungen bei ihm und bei den Kollegen in Grenzen, zumal Birnbacher seit dem Massenstart am Grenzadler auch die Sorge genommen ist, dass er ausgerechnet in dem Winter, in dem die WM bei ihm vor der Haustüre stattfindet, womöglich etwas zu früh in Form gekommen sein könnte.

Hielt es Birnbacher bisher doch eher wie der Kollege Arnd Peiffer, der sich bei den Weltcups im Dezember immer erst einmal warmlaufen muss, um im Januar dann Betriebstemperatur zu erreichen. „Normalerweise werde ich zum Ende der Saison besser“, sagt Birnbacher. Ein mittlerweile überholtes Prinzip, das in seiner Urform aber gut zu der Karriere von Andreas Birnbacher passt. Schließlich lief er erst relativ spät in die Weltspitze, jahrelang hatte er zuvor mit ansehen müssen, wie andere aus seinem Team auf vorderen Plätzen landeten.

Eigentlich wollte Andreas Birnbacher Sportschütze werden. Doch dann brachte ihn sein Vater zu Fritz Fischer, der heute als Disziplintrainer bei den deutschen Biathleten arbeitet, und Birnbacher wurde Wintersportler. Erst als15-Jähriger begann er mit dem Biathlon, im Weltcup debütierte er im Jahr 2000. Doch dann dauerte es geschlagene zehn Jahre, ehe er nach WM-Silber im Massenstart (2007) und Staffel-Bronze bei der WM in Östersund (2008) am 17. März 2011 in Oslo sein erstes Rennen in der Weltelite gewann.

Diesen Trend setzt Andreas Birnbacher nun gerade fort. In Oberhof, wo er zunächst mit läuferischen Problemen zu kämpfen hatte, konnte er sich dabei zudem einer aufkommenden Formschwäche widersetzen. Eine wertvolle Erfahrung, die den jungenhaft wirkenden Birnbacher in knapp zwei Monaten in Ruhpolding sogar zum – dann nicht mehr gar so überraschenden – Weltmeister machen könnte.

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