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Sport: „Der Sport ist für Berlin existenziell“

IHK-Präsident Werner Gegenbauer über Olympia, Bundesinnenminister Schily und Visionen für die Stadt

Herr Gegenbauer, die Stadt hat gerade eine neue Werbekampagne bekommen. „Mir geht’s Berlin.“ Wie fühlt sich Ihr Berlin an?

Gut. Mein Berlin fühlt sich spannend an. Ich habe Spaß an Berlin. Ich bin hier gerne Unternehmer.

Fühlt sich dieses Berlin auch besser an als Leipzig, die Stadt, die die Olympischen Spiele 2012 ausrichten will?

Das weiß ich nicht. Ich empfinde ja keinen Patriotismus für Leipzig. Ich bin Berliner.

Als patriotischer Berliner sind Sie gegen die Leipziger Olympiabewerbung?

Nein. Überhaupt nicht. Ich habe kritisiert, dass sich Berlin der internen deutschen Entscheidung nicht gestellt hat.

Sie haben den rotroten Senat kritisiert…

Ja. Wir wollten es der Politik nicht so einfach machen zu sagen, wir haben nicht die Mittel für die nationale Bewerbung, und deshalb bewerben wir uns nicht.

Aber so wurde es begründet.

Deshalb habe ich dem Senat mit anderen Unternehmern die Garantie gegeben, dass wir die Kosten der nationalen Bewerbung übernehmen. Wir haben gesagt, dieses Thema ist viel zu ernst und zu wichtig, als dass es einfach so weggerotzt werden kann. Wenn man aber auf dieses Angebot nicht eingeht, kann ich nichts dafür.

Es war ein großer Fehler der Politik?

Natürlich. Ich kann doch nicht das Olympiastadion als Mehrzweckstadion wieder herrichten, ich kann nicht 80 Prozent der Bauten für die 2000er Bewerbung fertig gestellt haben, und kann mich dann nicht als Sportstadt positionieren wollen, nur weil ich Angst davor habe, die nationale Ausscheidung zu verlieren.

Hätte es Berlin besser machen können als Leipzig jetzt?

Wir würden es ganz bestimmt nicht schlechter machen, denn hier sind alle Voraussetzungen gegeben. Sehen Sie, wir bewerben uns um alle möglichen großen Events, nur nicht für Olympia. Wer soll das verstehen?

Vielleicht hat Berlin Angst, weil die Stadt ja schon mit einigen Bewerbungen gescheitert ist: Olympia 2000, zuletzt die Leichtathletik-WM. Gibt es nicht genügend Profis in der Stadt, um Sport zu verkaufen?

Damit reden Sie genau denen das Wort, die Sorge haben, dass man bei nationalen Entscheidungen nicht Erster wird. Wer sich bewirbt, kann verlieren. Wer sich nicht bewirbt, kann nicht gewinnen. Ich kann nicht erkennen, dass die Stadt falsch aufgestellt ist oder dass es hier an Professionalität fehlt.

Vielleicht an Gewinnermentalität?

Wir können gewinnen. Wir müssen uns nur trauen, große Projekte anzugehen. Dafür können wir die sehr guten Strukturen, Hallen, Verkehrsanbindung, Modernität, in den nächsten sechs bis zehn Jahren nutzen. Denn danach ist auch diese gute Infrastruktur nicht mehr ganz neu. Jetzt müssen die Konzepte für die Zukunft umgesetzt werden.

Hat der rot-rote Senat das erkannt?

Ich glaube, dass der Senat sehr deutlich erkannt hat, dass Messen, Kongresse, Tourismus und natürlich Events, dazu gehört der Sport, unglaublich wichtig sind, um Berlin international positioniert zu halten.

Wie wichtig?

Existenziell wichtig. Alles, was Geld in die Stadt bringt, ist existenziell für uns alle. Und Sportevents bringen Geld in die Stadt. Die Bedeutung des Sports kann also gar nicht hoch genug gesehen werden.

Anscheinend sieht das nicht jeder so. Bundesinnenminister Schily hat gerade das Förderprogramm für den Bau von Sportstätten, den Goldenen Plan Ost, gestrichen.

Das ist das völlig falsche Signal. Der Sport sollte zwar seine Sportstätten selbst betreiben, aber die Politik muss über die öffentlichen Haushalte für die Infrastruktur sorgen.

Anscheinend kann man im Moment mit Sport aber nicht genug verdienen, sonst würden sich mehr Unternehmen in Berlin engagieren?

Die Frage ist ja: Muss man mit Sport gleich Geld verdienen. Aber viele Branchen drum herum und die Stadt insgesamt verdienen auf jeden Fall. Die Frage ist zudem: Mit welchen Sportarten können sie derzeit das Interesse der Unternehmen so wecken, dass sie sich auch im Umfeld von Veranstaltungen engagieren.

Gut, und wie weckt man das?

Sie brauchen Identifikationsfiguren, Sportler, die Leistung bringen und die sie vorzeigen können. Dann brauchen sie Fernsehzeiten, und die Sportart muss eingeführt sein. Fußball oder Basketball laufen gut. Jetzt wollen auch die Reinickendorfer Füchse im Handball erste Schritte gehen, um an die alten Zeiten anzuknüpfen. Darauf müssen wir aufbauen in der Stadt.

Aber noch werden die großen Massen kontinuierlich nur von Hertha und Alba bewegt.

Ja, aber das ist der Grundstein. Vor gar nicht allzu langer Zeit hat Hertha noch in der Oberliga gespielt. Und jetzt verdient auch das unternehmerische Umfeld an Hertha BSC mit. Und die Stadt auch.

Aber Hertha allein hilft nicht weiter?

Man kann es auch umgekehrt sehen: Schauen Sie mal was passiert, wenn in München 1860 und der FC Bayern weg vom Olympiagelände im eigenen Stadion sind. Dann herrscht da gähnende Leere. Das heißt, ohne Hertha BSC liegt auch das Berliner Olympiagelände im Dauerschlaf. Wir haben jetzt die große Chance, langfristig das Olympiagelände zu entwickeln, mit einem modernen Stadion, wir werden wieder international wettbewerbsfähig.

Wie schaut Ihre Vision für das Berliner Olympiagelände denn aus?

Ich würde mir wünschen, dass man Zukunftsprojekte am Olympiagelände ansiedelt. Es wird das größte europäische innerstädtische Sportzentrum mit perfekter Anbindung von Bus und Bahn.

Was heißt Zukunftsprojekte?

Das wird man sehen. Es gibt genügend Sportarten, die dort ihren Platz finden könnten. Aber es geht ja nicht nur um Sport, sondern auch um Freizeit- und Eventprojekte. Sie können da Veranstaltungen parallel laufen lassen, ohne dass sich die Leute auf die Füße treten.

War es also die richtige Entscheidung, kein reines Fußballstadion zu bauen, sondern ein multifunktionales Stadion, wo auch das Istaf seinen Platz wieder findet?

Ja, diese Lösung hat einfach Charme. Wir erhalten das Historische und modernisieren es. Das Olympiastadion ist einer der schönsten Arenen, die wir haben. Natürlich kann man nicht sagen, es war richtig, das Stadion nur wegen des Istaf multifunktional zu erhalten. Aber was kommt heraus, wenn Sie sich gegen den Trend für ein multifunktionales Stadion entscheiden?

Nun?

Sie sind einer der wenigen, die am Ende ein derart modernes Stadion haben und damit werben können. Diese Multifunktionalität hat vor allem auch international Gewicht. Die Aussicht auf die Fußball-WM 2006 und vielleicht auf die Leichtathletik-WM 2009, für die sich Berlin erneut bewirbt, wird zudem wie ein Multiplikator wirken. Es werden andere kommen, die am Olympiastadion ihren Sport verkaufen wollen.

Sie sind jemand, der sich auch privat finanziell engagiert. Lohnt sich das Risiko beispielsweise beim Internationalen Stadionfest (Istaf)?

Das Istaf hat jetzt einen stabilen Etat, wir kämpfen hart darum, eine schwarze Null zu produzieren. Wir können nach dem Neuanfang keine großen Sprünge machen, aber wir können ein hochwertiges Meeting veranstalten, ohne uns dabei Kapriolen zu erlauben. Wir wirtschaften jetzt seriös. Und wir sind stolz darauf, dass wir in der Golden League geblieben sind. Wenn wir jetzt Geld ausgeben, dann ist es unser eigenes.

Ihr persönliches Geld?

Unter anderem.

Das Interview führte Armin Lehmann.

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