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Wo läuft die Jugend hin? Bestimmt nicht zum Berliner Halbmarathon, wie hier auf einem älteren Bild. Denn der fand dieses Jahr nicht statt.

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Der Sport stirbt an der Basis: Durch die Coronakrise wird eine Generation verloren

Kaum Kinder treten derzeit in einen Sportverein ein, weil es eben kaum ein Angebot gibt. Das schadet langfristig auch dem Profisport. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claus Vetter

Vierzig Jahre ist es her, als Birgit Fischers Karriere ihren ersten großen Höhepunkt hatte. Am 1. August 1980 holte die Teenagerin aus Brandenburg an der Havel ihre erste Goldmedaille bei Olympischen Spielen. Dem Triumph im Kajak-Einer in Moskau ließ sie später noch sieben Olympiasiege folgen, bis heute für eine deutsche Athletin bei Sommerspielen einmalig.

Wenn die Fischer irgendwo auftrat, dann kreischten zwar keine verzückten Teenager, aber die Frau war aufgrund ihrer Erfolge durchaus ein bekannter Star. Früher schon in der DDR, in der sportliche Erfolge eben nicht vor allem am Rande des Fußballplatzes bejubelt wurden.

Dass sich 40 Jahre später eine so große Popularität wie die von Fischer auf Erfolg in einer so kleinen Sportart begründen kann, ist schlicht unmöglich. Da ist ein Stück Sportkultur verschwunden, und es droht in der Krise immer mehr zu verschwinden.

Denn gerade der Breitensport, der kleinere zumal, hat es jetzt schwer. Nach wie vor sind die Trainingsbedingungen vielerorts katastrophal. Die Hallensportart Fechten kann zum Beispiel darf in Berlin zur Zeit nur im Freien ausgeübt werden und zu eingeschränkten Zeiten. Das ist eine gute Grundlage dafür, dass so einer traditionsreichen aber nicht im Fokus stehenden abseitigen Sportart nun der Nachwuchs wegrennt oder erst gar nicht mehr kommt. Welcher Sechsjährige tritt dieser Tage in einen Sportverein ein und vor allem: in welchen?

Sehr wahrscheinlich wird der Großteil der jüngeren Generation somit ans elektronische Endgerät verloren. Daddeln ist populärer bei den Kindern als physische Ertüchtigung, zumal die sich als Alternative eben kaum noch anbietet. Kinder wollen spielen, so funktioniert das auch mit dem Sport. Eine Siebenjährige joggt nicht mal eben eine Runde durch den Park, das macht ihr schlichtweg keinen Spaß.

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Nicht nur 20 bis 30-Jährige jungen Männer, die ihre Millionen vom Fußball, Basketball bis zum Eishockey nun in Geisterspielen verdienen, haben ein Recht auf Sport. Profisport ist wichtig, aber wenn die breite Basis wegstirbt, wird er bald auch darunter zu leiden haben.

Es ist eben wichtig, was abseits des Signal-Iduna-Parks von Dortmund oder der Allianz-Arena von München passiert. Damit auch die nächste Birgit Fischer eine Chance hat, bekannt zu werden und die Sportkultur nicht noch mehr den Bach runter geht.

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