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Sport: Der Staatsanwalt spielt mit

Vor dem letzten Spieltag hat Inter Mailand einen neuen Skandal. Kostet das den Tabellenführer den Titel?

Als ob es nicht genug wäre, dass die Mannschaft von Inter Mailand in einer Krise steckt. Vor dem letzten Spieltag der italienischen Serie A am Sonntag, der über den Titelgewinn entscheidet, erregt der Tabellenführer abseits des Fußballplatzes für Aufsehen. Ausgerechnet in dieser Woche sickerte etwas über Polizeiprotokolle abgehörter Telefonate durch, die Trainer Roberto Mancini, Kotrainer Sinisa Mihajlovic und einige Spieler in keinem guten Licht dastehen lassen. Die Anwälte von Mancini und Mihajlovic erstatteten inzwischen wegen der Veröffentlichung der Polizeiprotokolle Anzeige, weil ihre Namen in Verbindung mit Prostitution, Drogenhandel und illegalen Wetten gebracht worden seien.

Ausgangspunkt der Ermittlungen war der mehrmals Vorbestrafte Domenico Brescia, der nahe Como ein Bekleidungsgeschäft betreibt. In der Vergangenheit habe Brescia allerdings auch Geschäfte mit Mitgliedern einer kalabrischen Mafia-Organisation gemacht. Der Schneider Domenico Brescia hatte ein besonderes Verhältnis zu den Spielern von Inter Mailand. Und das schon seit drei Jahrzehnten. Er schneiderte die Anzüge von Trainer Mancini, und war bei etlichen Inter-Spielern sozusagen Mädchen für alles, was auch von der Klubführung bestätigt wurde. Wenn es um Schneiderangelegenheiten ging, dann wandte man sich eben an Domenico Brescia. Doch für die Justiz war Brescia kein Unbekannter.

Brescia wurde seit 2006 observiert, er stand im Verdacht, mit Drogen zu handeln. Weil sein Telefon abgehört wurde, sind seine beinahe freundschaftlichen Kontakte auch zu Inter-Spielern aktenkundig geworden. Bei Trainer Mancini erkundigte er sich beispielsweise: „Hast du jetzt deinen Vertrag verlängert oder nicht?“ Mancini antwortete: „Nein, in Wahrheit hat mich niemand kontaktiert.“ Kapitän Javier Zanetti erkundigte sich bei Brescia, ob er ihm billig eine teure Armbanduhr der Marke Rolex Daytona besorgen könne. Zuvor eröffnete ihm Domenico Brescia: „Ich habe dir einen Ferrari 430 auftreiben können.“

Dass bei den Spielern von Inter etwas im Argen war, dessen war sich die Klubführung bewusst. Einen satten Elf-Punkte-Vorsprung verspielte die Mannschaft innerhalb weniger Wochen. Kurios auch, dass die Klubführung schließlich einen Ex-Polizisten als Sicherheitschef engagierte, der vor einem Monat Brescia auf der Trainingsanlage Pinetina Platzverbot erteilte. Inzwischen wurde Brescia zusammen mit vier anderen Verdächtigen verhaftet. „Die Gefahr ist groß, dass sie die Beweislage manipulieren“, hieß es von der Staatsanwaltschaft Mailand.

Inter Mailands Vorsprung auf den AS Rom ist mittlerweile auf nur einen Punkt geschrumpft. Während Inter auswärts beim AC Parma spielen muss, tritt der AS Rom beim abstiegsgefährdeten US Catania an. Schon einmal hat Inter die Meisterschaft am letzten Spieltag verpasst, und zwar 2003, als Inter auswärts gegen Lazio verlor. Die Leistung der Mannschaft grenzte damals an Arbeitsverweigerung. Auch damals war die Rede davon, dass die Wett-Mafia die Hand im Spiel gehabt habe. Jetzt äußert sich Inters Präsident Massimo Moratti verhalten optimistisch über die jüngsten Skandalnachrichten. „Ich mache mir keine Sorgen und verteidige meine Spieler“, sagte Präsident Moratti. Seite 30

Vincenzo Delle Donne[Mailand]

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