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Sport: Der Star aus der Kleinstadt

Die Statistik ist die Bibel der Basketballer. Wer etwas über einen bestimmten Mann wissen will, klickt sich schnell ins Internet und findet dort alles, was er sucht - von der Zahl der erzielten Punkte bis zur Schuhgröße.

Die Statistik ist die Bibel der Basketballer. Wer etwas über einen bestimmten Mann wissen will, klickt sich schnell ins Internet und findet dort alles, was er sucht - von der Zahl der erzielten Punkte bis zur Schuhgröße. Eine Unmenge von Daten, die bisweilen Erstaunliches zu Tage bringen. Beispiel Basketball-Bundesliga (BBL): Der Topscorer der Liga heißt Dejuan Collins und spielt ausgerechnet bei den abstiegsgefährdeten Wired Minds Tübingen, die heute Abend (19.30 Uhr, Max-Schmeling-Halle) bei Alba Berlin antreten. Collins ist der erfolgreichste Korbjäger, der Spieler mit den meisten Ballgewinnen pro Spiel und der Zweite in der Hitliste der Assists. Anders ausgedrückt: Durchschnittlich 23,2 Punkte. 2,7 Ballgewinne. 5,45 Vorlagen. Alles pro Spiel versteht sich. Manche sagen, Collins sei einer der wertvollsten Spieler der BBL. Und fast alle fragen sich: Warum, um Himmels Willen, spielt der Mann aus den USA ausgerechnet beim Abstiegskandidaten Tübingen?

Die Antwort liegt in der Beschaulichkeit der Universitätsstadt Tübingen. "Als ich vorletztes Jahr hierhergekommen bin, war das meine zweite Auslandsreise", sagt Collins. Der Tübinger Coach Uwe Sauer empfahl ihn den Wired Minds zur Verpflichtung, obwohl er ihn nur auf Video besichtigt hatte. Ein Blind Date mit Folgen: Mit Collins als Spielmacher und Rekordscorer schaffte Tübingen unerwartet den Aufstieg in die BBL. Fortan nannten sie Collins in Tübingen nur noch DC. Wie bei Washington D.C. Im Sommer kam DC zurück, um mit den Wired Minds zu zeigen, dass der Aufsteiger mehr ist als billiges Kanonenfutter. Was am Anfang ganz gut funktionierte, geriet immer mehr ins Stocken. Zuletzt verlor Tübingen acht von neun Spielen. Nicht seine Schuld. Die Scorerliste führt er mit drei Punkten Vorsprung an, im Hinspiel gegen Alba hatte er seinen Rekord (38) markiert. "Wir sind trotzdem noch ein gutes Team", sagt Collins trotzig.

Dennoch sind die Tübinger gefährdeter denn je. Weil sie nicht mehr gewinnen, und weil sie wegen eines Formfehlers im Abstiegskampf den slowenischen Neuzugang Roman Horvath nicht einsetzen dürfen. Ob DC Collins in der nächsten Saison noch in der schwäbischen Provinz spielt? Eher utopisch. Dort kann er zwar glänzen. Ein richtig Großer wird der 1,85-Meter-Mann aber nur, wenn er sich auch in einem Spitzenteam durchsetzt. Und der 25-Jährige hat noch Ziele. Deutschland kann es sein oder irgendein anderes Land in Europa. In Griechenland, hat er gehört, wird am professionellsten Basketball gespielt auf dem Kontinent. Und die sagenhafte NBA? "Irgendwann hat es in meinem Kopf klick gemacht", sagt Collins. Klick - und Europa war plötzlich gar nicht mehr so schlimm.

Jürgen Roos

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