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Sport: Der Trainer ist der Star

Pierre Littbarski hat als Coach beim Klub Sydney FC unterschrieben – nun muss er Wunder vollbringen

Immer wieder musste er vor der Hochhauskulisse Sydneys posieren. Diverse Kamerateams waren anwesend. Pierre Littbarskis erster Auftritt hat in Sydney für Aufregung gesorgt – vor allem, wenn man berücksichtigt, welch geringen Stellenwert Fußball in Australien hat. Littbarski ist der bekannteste Fußballer, den es je als Trainer oder Spieler auf den fünften Kontinent verschlagen hat. Er unterzeichnete am Wochenende einen Zweijahresvertrag mit Sydney FC, einem neugegründeten Klub in der neuen, nur acht Vereine umfassenden A-Liga. Nach fast einem Jahrzehnt in Japan mit kurzen Abstechern als Trainerassistent von Berti Vogts in Leverkusen und Chefcoach in Duisburg ist der Job in Australiens größter Stadt eine große Herausforderung für den 73-maligen Nationalspieler.

„Im Ausland kann man nicht deutsch leben“, hat der 44-Jährige in Japan gelernt, eine Erkenntnis, die ihm sicher auch in Sydney weiterhelfen wird, wo von ihm Wunderdinge erwartet werden. Sydney FC hat den Anspruch das Glamourteam der neuen Liga zu werden, zu der auch ein Verein aus dem neuseeländischen Auckland gehört. Dafür ist der Verein sogar bereit, 300 000 Euro pro Jahr in den Trainer zu investieren – eine Menge Geld im australischen Fußball.

Damit verdient Littbarski erheblich mehr als seine Spieler. In der neuen Liga bestehen strenge Auflagen, was die Bezahlung angeht. Und die Spieler muss er erst einmal kennen lernen, 16 Mann sind schon angeheuert worden, vier kann er noch selbst auswählen. Am heutigen Montag beginnt das Training mit den bereits Auserwählten und der Auswahlprozess unter den Kandidaten. Littbarski und der Klub hoffen auch noch darauf, den ehemaligen Manchester-United-Spieler Dwight York zu verpflichten. Jeder Verein der A-Liga darf einen Star verpflichten, der nicht „nach Tarif“ bezahlt werden muss.

Littbarski macht es nichts aus, dass er 16 Spieler nicht mit aussuchen kann. Problematischer findet er die Tatsache, dass er mit einem Kader von nur 20 Aktiven auskommen muss. „Wenn da nur paar Spieler verletzt sind, wird es eng“, sagt er. Keine Angst hat er vor den großen Entfernungen, immerhin dauert allein der Flug nach Perth viereinhalb Stunden. „Da muss man wahrscheinlich nur ein bisschen anders planen und kann eben nicht am selben Tag anreisen.“

Littbarski sieht viele Parallelen zu seiner Arbeit in Japan, wo er zunächst in den Gründerjahren der J-League als Spieler und später als Trainer aktiv war. Wie damals in Japan fristet Fußball in Australien im Schatten der populären Sportarten wie Rugby und Kricket ein Mauerblümchendasein, obwohl die Zahl der Spieler vor allem im Jugendbereich riesig ist. „Ich mache gerne Basisarbeit, mir ist es nicht so wichtig, was gut für die Karriere ist, ich möchte gern etwas mit entwickeln, egal auf welchem Level“, sagt Littbarski, der in Australien immerhin bessere Verhältnisse vorfindet, als zuletzt bei seinem Zweitligaclub in Japan, wo es schon ein Problem war, einen Trainingsplatz zu organisieren.

Privat freut Littbarski sich auf die Zeit in Sydney. Derzeit wohnt er noch im Hotel über dem Spielkasino der Stadt, schon bald sollen seine japanische Frau und die beiden Söhne nachkommen. Eine Schule für Joel muss gefunden werden, wo er schnell mehr englisch lernen kann. Deutsch und japanisch spricht der Siebenjährige ohnehin. Für Sydney sprach auch, dass es nicht allzu weit von Japan entfernt ist. Wenn alles gut läuft, könnte Littbarski noch in diesem Jahr eine Dienstreise nach Tokio machen. Im Mai gibt es dort ein Qualifikationsturnier, bei dem der australische Vertreter für die Ozeanien-Qualifikation zur Fifa-Vereins-WM ermittelt wird. Natürlich will Littbarski dorthin, und er will gleich in der ersten Saison der neuen Liga Meister werden. Dann hätte er dem früheren DDR-Auswahltrainer Bernd Stange etwas voraus. Der war zwar bei Perth Glory zur Kultfigur geworden, zum Gewinn des Titels reichte es aber nie.

Alexander Hofmann[Sydney]

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