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Zurück zur Vergangenheit. Sasa Obradovic war einst Spielmacher bei Alba Berlin, in der neuen Saison trainiert er den Klub nun. Foto: dapd

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Sport: Der Umbruch nach dem Umbruch

Alba Berlin trennt sich nach nur einem Jahr von Trainer Gordon Herbert und verpflichtet Sasa Obradovic.

Berlin - Als sich Albas Basketballer im vergangenen September auf die Saison einschworen, sprach der neu verpflichtete Trainer Gordon Herbert von einer „Kultur des Erfolgs und des Fortschritts“, die er in Berlin aufbauen wolle. „Mit Entwicklung kommt Erfolg“, hatte Herbert gesagt. „Und an unseren Erfolgen werden wir uns messen lassen müssen.“ Das ist nun geschehen – mit negativem Ausgang für Herbert. Eine sichtbare Entwicklung der Berliner war unter der Anleitung des 53-Jährigen ausgeblieben, genauso wie Erfolge. Seit Sonntagnachmittag ist klar, dass der Kanadier keine weitere Chance bei Alba erhält, der Klub verkündete die Trennung von Herbert. Seine Nachfolge wird der ehemalige Alba-Profi Sasa Obradovic antreten, der den BC Donezk gerade noch zur ukrainischen Meisterschaft geführt hatte. Der 43 Jahre alte Serbe erhält einen Zweijahresvertrag und wird Mitte der Woche in Berlin erwartet.

Eigentlich hatten die Berliner langfristig mit Herbert zusammenarbeiten wollen, die Bilanz seiner ersten Saison fiel allerdings verheerend aus. Die Berliner scheiterten in der Zwischenrunde des Eurocups, verpassten das Top-Four-Turnier im Pokal und schieden schließlich im Play-off-Viertelfinale mit 1:3 gegen Aufsteiger Würzburg aus. „Wir stehen nach dieser Saison mit komplett leeren Händen da“, sagt Albas Geschäftsführer Marco Baldi. Beinahe noch schlimmer als der sportliche Misserfolg war die Art und Weise, wie sich die Berliner Mannschaft bisweilen präsentierte: Allzu oft zerfiel Albas Team in entscheidenden Situationen in Einzelteile. In den Play-offs ließen sich die Berliner von den Würzburgern völlig aus dem Konzept bringen. Gordon Herbert fand keine taktischen Antworten und vermochte es nicht, den Kampfgeist aller seiner Spieler zu wecken.

Dabei war Herbert gerade verpflichtet worden, weil es dem Sportpsychologen bei seinen vorangegangenen Trainerstationen stets gelungen war, aus nicht immer überragenden Einzelspielern schlagkräftige Teams zu formen. „Wir hatten die Überzeugung, dass da ein Trainer kommt, der in der Vergangenheit in Sachen Härte und Unbeugsamkeit immer das Optimum herausgeholt hatte“, sagt Baldi. Dass Herbert gerade in seiner vermeintlichen Kernkompetenz scheiterte, dürfte ihn am Ende seinen Job gekostet haben. „Gordie ist ein sehr guter Trainer, er hat alles gegeben, was er konnte“, sagt Baldi. „In letzter Konsequenz müssen wir aber sehen, wie wir weiterkommen.“ Gestern teilte Baldi Herbert die Entscheidung der Klubführung mit; da der auf zwei Jahre ausgelegte Vertrag eine entsprechende Auflösungs-Option enthalten hatte, wird keine Abfindung fällig.

Nach Luka Pavicevic, Muli Katzurin und Herbert wird nun also Sasa Obradovic als vierter Trainer in zwei Jahren Albas Geschicke lenken. Als Profi hatte er von 1994 bis 1997 drei Saisons in Berlin gespielt und mit dem Gewinn des Korac-Cups 1995 und Albas erstem Meistertitel 1997 die Blütezeit des Vereins als Spielmacher und Kopf des Teams miteingeleitet. Mit Jugoslawien wurde Obradovic dreimal Europameister und einmal Weltmeister und gewann 1996 in Atlanta die olympische Silbermedaille. Nach seinem Karriereende wurde er 2006 bei seiner ersten Trainerstation in Köln auf Anhieb Deutscher Meister, nach Stationen in der Ukraine, Polen und erneut in der Ukraine kehrt er nun in die Bundesliga zurück.

„Ich hatte in Donezk eine sehr gute Situation, die ich nicht so ohne weiteres aufgegeben hätte“, sagt Obradovic. „Aber ein Anruf von Alba verändert alles.“ Er freue sich sehr, zurück zu seiner Vergangenheit zu kommen: „Seit meinem ersten Tag als Coach habe ich davon geträumt, einmal bei Alba zu arbeiten.“ Baldi erhofft sich von Obradovic „die richtigen Impulse, damit wir das Optimum aus unseren Möglichkeiten heraus holen“. Für Obradovic gibt Alba das Bestreben auf, Kontinuität in Personal und Strategie zu bekommen. Allerdings hatte Baldi schon nach dem Play-off-Aus gesagt, Kontinuität könne kein Selbstzweck sein – und Herbert damit indirekt angezählt. Den Berlinern steht nun der nächste Umbruch bevor, außer Spielmacher Dashaun Wood und Center Yassin Idbihi verfügt kein Leistungsträger der vergangenen Spielzeit noch über einen Vertrag.

Obradovics Aufgabe wird es sein, ein Team zu formen, das in Sachen Einsatz, Ehrgeiz und basketballerischer Klasse mit den Berliner Mannschaften seiner eigenen Profi-Zeit mithalten kann. Und die Lücke zu schließen, die zwischen dem achtmaligen Deutschen Meister und den Baskets Bamberg entstanden ist, die sich gerade anschicken, zum dritten Mal in Folge das Double zu holen. Gestern besiegten die Bamberger Ulm im ersten Spiel der Finalserie mit 98:72 (49:28) und bewiesen einmal mehr, dass sie derzeit das Maß aller Dinge im deutschen Basketball sind. Wie schwer seine Aufgabe bei den Berlinern nach drei Jahren ohne Titel wird, weiß auch Obradovic: „Aber bei Alba darf man sich nicht mit kleinen Zielen zufrieden geben.“

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