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Sport: Der Vorleser

Frankreichs Spieler treten nicht zum Training an, der Trainer liest der Presse ihre Protestnote vor. Die Erklärung im Wortlaut

Zwanzig Minuten diskutieren die französischen Nationalspieler in ihrem Mannschaftsbus hinter geschlossenen Vorhängen, statt am öffentlichen Training teilzunehmen. Dann tritt Trainer Raymond Domenech vor die wartende Presse, in seiner Hand ein Zettel. „Eine Erklärung der Spieler, eine Erklärung der Spieler“, ruft er zweimal laut, dann beginnt er vorzulesen.

„Ausnahmslos alle Spieler der französischen Mannschaft bekräftigen ihre Ablehnung gegenüber der Entscheidung des französischen Fußballverbandes FFF, Nicolas Anelka auszuschließen.

Wir bedauern den Vorfall, der sich in der Halbzeit des Spieles Frankreich gegen Mexiko zugetragen hat. Noch mehr bedauern wir die Verbreitung dieses Zwischenfalls, der nur die Gruppe etwas angeht, so, wie es sich gehört im Innenleben einer Mannschaft auf hohem Niveau.

Auf Bitte der Gruppe hat der betroffene Spieler versucht, in einen Dialog zu treten. Wir bedauern, dass sein Vorgehen ignoriert wurde.“

Seine grauen Haare und das weiße Blatt Papier flattern im Wind. Sein Blick ist starr auf den Zettel gerichtet, den beide Hände fest umklammern. Er verliest sich ab und an, stockt dann, der Blick wandert unsicher Richtung Presse und die Hand in die Jackentasche. Auf dem Bus hinter ihm steht geschrieben: Alle zusammen für den Traum in Blau.

„Die FFF hat zu keinem Zeitpunkt versucht, die Gruppe zu schützen. Sie hat eine Entscheidung getroffen, allein auf Grundlage von Tatsachen, die in der Presse berichtet wurden, und ohne die Spielergemeinschaft zu konsultieren. Als Konsequenz, und um ihre Ablehnung der Haltung der höchsten Instanzen zu unterstreichen, hat die Spielergemeinschaft beschlossen, nicht an dem heute angesetzten Training teilzunehmen.

Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die Farben unseres Landes zu tragen, gegenüber den Fans, den freiwilligen Helfern, Erziehern und unzähligen Kindern, die die ,Bleus’ zum Vorbild haben.

Wir vergessen unsere Pflichten nicht. Wir werden, jeder einzeln und vor allem als Gruppe, alles dafür tun, damit Frankreich am Dienstag durch eine positive Leistung seine Ehre wiederherstellt.

Gezeichnet, die Spieler der französischen Mannschaft.“

Domenech wedelt unbeholfen mit dem Blatt durch die Luft, sagt „Vielen Dank, auf Wiedersehen“ und dreht ab.

Lesen Sie auf Seite 3: Das Drama um Frankreichs Nationalmannschaft

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