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Sport: Der Wahnsinn zieht weiter

Magdeburgs Isländer Stefansson spielt bald in Spanien – beim Handball-Länderspiel trifft er auf Vereinskollege Kretzschmar

Berlin. Sein Idol ist Mahatma Gandhi. Dass dieser Tage in Berlin gegen den Irak-Krieg demonstriert wird, findet dennoch nicht seine uneingeschränkte Zustimmung. „Auch ich bin gegen Krieg, aber gegen Saddam Hussein musste doch was getan werden“, sagt Olafur Stefansson. Fast entschuldigend fügt er hinzu: „Ich bin aber ziemlich unpolitisch.“ Stefansson ist vor allem Handballer. Und als solcher trifft er am Sonnabend mit der isländischen Nationalmannschaft auf den Vizeweltmeister Deutschland (15 Uhr, Max-Schmeling-Halle).

Pikanterweise trifft er auch auf einen Vereinskameraden: Stefansson spielt beim SC Magdeburg mit Stefan Kretzschmar in einer Mannschaft. Der bestreitet heute, nach überwundenem Fingerbruch, sein 200. Länderspiel und erhält neben dem obligatorischen Blumenstrauß auch die obligatorische Nadel mit Brillanten. „Ich freue mich auf das Duell mit Stefan“, sagt Stefansson. Es klingt ehrlich.

Nach dieser Saison trennen sich ihre Wege. Dann kehrt der Isländer jenem Klub den Rücken, mit dem er im Vorjahr die Champions League gewann. „Ich will nach fünf Jahren Magdeburg andere Leute, eine andere Kultur kennen lernen und mich als Person weiterentwickeln“, sagt der 29-Jährige. Das soll in Kastilien sein, bei Ciudad Real. Für vier Jahre hat er sich an die Spanier gebunden.

Dass die ihn am liebsten schon im Vorjahr gehabt hätten und mit dem SC Magdeburg hart rangen, kommt nicht von ungefähr. Stefansson ist einer der besten Handballer der Welt. „Was er zeigt, ist der reinste Wahnsinn“, schwärmt Flensburgs Noch-Trainer Erik Veje Rasmussen. Bei der letzten Europameisterschaft in Schweden war Stefansson Torschützenkönig, bei der WM in Portugal Dritter, in der Bundesliga wurde der rechte Rückraumspieler mit dem linken Wurfarm mehrmals von den Trainern und Mannschaftskapitänen zum „Spieler der Saison“ gewählt. Weil er nicht nur viele Tore wirft, sondern auch ein exzellenter Abwehrspieler und Regisseur ist, also ein Allrounder.

Dass er in der angeblich stärksten Liga der Welt und demnächst in Spanien sein Geld verdient, ist nahe liegend. In seiner Heimat könnte er mit seinem Beruf und Hobby nicht wohlhabend werden. Obwohl Handball auf Island längst Volkssport ist. „Vielleicht, weil bei uns neun Monate Winter ist. Da gehen die Leute gern in die Hallen“, mutmaßt Stefansson.

In Portugal scheiterten die Isländer kürzlich mit 29:34 am späteren Vizeweltmeister Deutschland, qualifizierten sich aber dennoch als Siebenter für Athen. Erstaunlich für eine Insel, die gerade mal knapp 290000 Einwohner hat. Zum Vergleich: Der Deutsche Handball-Bund zählt 850000 Mitglieder.

Islands Wert im Welthandball ist natürlich auch das Verdienst Olafur Stefanssons. Dessen sportliches Idol ist Michael Jordan, der Basketball-Superstar. „Weil er so eine große Persönlichkeit ist“, sagt Stefansson. Es klingt fast ein wenig wehmütig.

Klaus Rocca

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