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Sport: Der Weg nach Westen

Der große Mann des Berliner Eishockeys erkannte sofort, wer ihm die Tour vermasseln würde. Denn der Feind schaute vor dem Showdown ziemlich nervös aus.

Der große Mann des Berliner Eishockeys erkannte sofort, wer ihm die Tour vermasseln würde. Denn der Feind schaute vor dem Showdown ziemlich nervös aus. Eben wie einer aussieht, der ein schlechtes Gewissen hat. So oder so ähnlich hat Lorenz Funk die Szenerie wohl gedeutet, als er am Montag in Köln bei der Gesellschafterversammlung der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) auflief und vor Sitzungsbeginn Billy Flynn erspähte, den Marketingchef vom Lokalkonkurrenten EHC Eisbären. Funk wollte die Capitals vor dem drohenden Lizenzentzug retten. Nicht mit Argumenten, sondern mit seinem Namen. Schwarze Zahlen konnten die von der Insolvenz bedrohten Berliner nicht vorlegen.

Die Gesellschafter der DEL waren wenig beeindruckt und entzogen den Capitals die Lizenz. Für Funk war sofort klar, wer mit am Rad gedreht hatte. "Die Eisbären wissen, dass es in Zukunft nur einen Hauptstadtverein geben kann", schimpfte der Marketingmitarbeiter der Capitals. "Die können 20 000 Plätze in ihrer neue Halle eben nicht nur mit Zuschauern aus Marzahn und Hohenschönhausen füllen." Flynn hört sich solche Geschichten sichtlich amüsiert an. "Klar, wir sind Schuld am Lizenzentzug der Capitals, weil wir deren Spieler nicht bezahlt haben", sagt der Marketingleiter der Eisbären. "Wenn 1860 München Schulden hat, ist daran wohl auch der FC Bayern Schuld, oder?"

Verschwörungstheorien haben einen Nachteil - sie sind eben nur Theorien. Und doch dürften die Eisbären nicht allzu böse darüber sein, dass ihr Lokalkonkurrent wohl in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird. "Richtig ist, dass wir ein Gesamtberliner Team werden müssen, sonst bekommen wir in drei Jahren unsere Halle nicht voll", sagt Flynn. Vor einem Jahr war der Eisbären-Eigner, die Anschutz-Gruppe, noch beunruhigt, weil der Hauptgesellschafter der Capitals, Egon Banghard, sich an einem Hallenprojekt in Siemensstadt beteiligte. Schließlich plante Anschutz parallel eine Multifunktionsarena am Ostbahnhof und hielt dabei wenig von stadtinterner Konkurrenz. Wie aus heiterem Himmel sprang Banghard vom Projekt in Siemensstadt ab und schloss sich Anschutz an. Beide Berliner Eishockey-Klubs sollten drei später Jahre in der geplanten Arena am Ostbahnhof spielen, hieß es. Anschutz schickte im Sommer schon mal für ein paar Tage eine Delegation auf der Geschäftsstelle der Capitals zu einer Bestandsaufnahme vorbei und ließ die Eisbären im Juli 2001 bei der DEL-Gesellschafterversammlung in Berlin gegen einen Lizenzentzug der Capitals stimmen.

"Das haben wohl alle vergessen", sagt Flynn. "Die Capitals haben damals auch ihre Lizenz bekommen, weil die Eisbären für sie Stimmung gemacht haben." Stimmung ja, Hilfe nein: Die Capitals überlebten ohne Anschutz. Banghard bekam vor Saisonbeginn Geld von seinem Geschäftsfreund Dietmar Hopp, dem Hauptgesellschafter der Mannheimer Adler. Ein Einstieg von Anschutz bei den Capitals war da längst passé.

In der kommenden Saison wird es in der DEL wohl nur noch einen Berliner Klub geben. Die Eisbären richten sich darauf ein und stehen angeblich schon mit einem Sponsor der Capitals in Verbindung. Auch die geplante Verpflichtung des früheren (West-) Berliner Nationalspielers Georg Holzmann als Kotrainer passt in das Konzept vom Gesamtberliner Klub. Ein größeres Idol als Holzmann hatten die Fans der Capitals nie.

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