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Sport: Designer auf den Barrikaden

Erik Eggers über den Aufstand gegen das Logo für die FußballWM 2006 Bis heute haben ja nur die bösen Medien dieses Logo gescholten, das uns ein visueller Leitpfad sein soll für Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Als lachende Ecstasypillen hat es etwa eine brasilianische Zeitung verhöhnt, und das war noch nett gegenüber den anderen Verhöhnungen, denen wir deutsche Fußballfans ausgesetzt waren.

Erik Eggers über den Aufstand

gegen das Logo für die FußballWM 2006

Bis heute haben ja nur die bösen Medien dieses Logo gescholten, das uns ein visueller Leitpfad sein soll für Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Als lachende Ecstasypillen hat es etwa eine brasilianische Zeitung verhöhnt, und das war noch nett gegenüber den anderen Verhöhnungen, denen wir deutsche Fußballfans ausgesetzt waren. Doch nun, da der Historiker Arnulf Baring die Bürger dieses Landes auf die Barrikaden gerufen hat, scheint sich auch in deutschen Landen Widerstand zu formieren gegen die debil grinsenden Stilisierungen, die von der Marketingagentur Abold aus München so lieblos hingerotzt wurden.

Die versammelten Designer Deutschlands jedenfalls, man höre und staune, haben sich jetzt verbündet gegen das Logo, die führende Designzeitschrift „Form“ jedenfalls ruft in ihrer neuesten Ausgabe auf zu einem Wettbewerb unter Fachleuten, „weil der Verursacher dieses Logos auch den Auftrag hat, das gesamte Erscheinungsbild der WM zu gestalten“ – offenbar eine Schreckensvision für alle in dem Genre kompetenten Menschen. Auslöser des Ganzen war die Reaktion von Erik Spiekermann aus Berlin. Der Typografie-Papst bemühte sich – da der Dilettantismus und die Kleingeistigkeit der Logo-Macher aus München zu eindeutig ist – in seinem in der „Form“ abgedruckten Brief nicht einmal um seriöse Hinrichtung. „Es reicht nicht“, beginnt Spiekermann seine Abrechnung, „keine Ideen zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.“

Spiekermann merkt an, dass der „Ausdruck Logo ja fast schon ein Lob“ ist, wo es sich in Wirklichkeit eher um eine Ansammlung von Bildern und Buchstaben handelt. Auch zur Schrift hat der Designer, der seit Jahren für Weltunternehmen Schriften entwickelt, etwas zu sagen. „Vor einiger Zeit“, findet Spiekermann, „war dieser Schrifttyp in der Clubszene von Delmenhorst für den Satz von Flyern sicher angesagt, aber die Grafiker dort haben inzwischen ihre Aknephase überwunden und sind jetzt Angestellte der AOK“. Vernichtender kann ein Urteil aus berufenem Munde nicht ausfallen.

Mit einem Satz: „Dem Ansehen deutscher Designer“, die ihren Weltruf großen Gestaltern wie Otl Aicher, der für das fantastische Erscheinungsbild der Olympischen Spiele 1972 verantwortlich war, zu verdanken haben, wird laut Spiekermann „großer Schaden zugefügt“. Dass sie diesen nun abzuwenden gedenken, dafür ist ihnen Lob und Beifall zu spenden. Offenbar aber wissen die Designer nicht um die einbetonierten Spielregeln im deutschen Fußball: Das Logo ist ja deshalb eine Katastrophe, weil es keinen Wettbewerb gab, und weil einige Leute im Organisationskomitee mit der WM 2006 ganz offenbar und ungeniert alte Kontakte versilbern. Deswegen ist die rührige Aktion „Rettet das WM-Logo“ zwar nicht sinnlos, aber sie wird leider nichts ändern.

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