zum Hauptinhalt

Sport: Deutsche Dramen

Das Davis-Cup-Team zieht wieder die Massen an, liegt aber gegen Frankreich schon 0:2 zurück

Es war nur noch eine Minute bis zum ersten Aufschlag, da traf der Kameramann auf der Tribüne letzte Vorbereitungen. Der Mann vom Fernsehen befestigte zwei Deutschland-Fähnchen an seiner Kamera. Man trägt wieder Patriotismus im deutschen Tennis. Das Davis-Cup- Spiel gegen Frankreich in Halle/Westfalen wirkte wie eine Achtzigerjahre-Party: volle Halle, hohe Erwartungen und eine hitzige Atmosphäre, die zeitweise außer Kontrolle zu geraten drohte. Nach einer strittigen Schiedsrichterentscheidung musste Kapitän Patrik Kühnen die Zuschauer im Einzel zwischen Thomas Haas und Richard Gasquet über das Hallenmikrofon zur Ruhe anhalten, „andernfalls gibt es ein großes Problem für unsere Mannschaft“. Ein großes Problem haben die Deutschen auch so. Nach dem ersten Tag liegen sie gegen Frankreich 0:2 hinten. Wie Nicolas Kiefer (5:7, 6:7, 0:6 gegen Sebastien Grosjean) verlor auch Haas sein Einzel. Mehr als dreieinhalb Stunden stand er auf dem Platz, in denen er sich einen epischen Kampf mit seinem Widersacher lieferte, der mit einem 6:1, 4:6, 4:6, 7:6 (6:1), 3:6 endete.

Um 21.21 Uhr ging ein dramatisches Match voller irrer Wendungen zu Ende. Nach dem ersten Satz sah es nach einer klaren Angelegenheit zugunsten des Deutschen aus. Doch Gasquet, der in diesem Jahr erst ein Match gewonnen hatte, fand zu einer Konstanz, die Haas nicht hatte. Hinzu raubten ihm einige strittige Entscheidungen des Schiedsrichters den Nerv. Haas verlor die Linie, gewann aber mit Hilfe des Publikums noch den vierten Satz. Im entscheidenden Durchgang gab er gleich sein erstes Aufschlagspiel ab und ein weiteres zum 1:5. Doch Haas wehrte zwei Matchbälle ab, schaffte das Re-Break zum 2:5, wehrte bei 3:5 auch den dritten Matchball ab – und verlor 3:6.

Auch Kiefer klagte nach seinem Einzel über den Schiedsrichter. Im Tiebreak des zweiten Satzes wehrte er zwei Satzbälle ab, bei 7:8 scheinbar auch den dritten, nachdem Grosjean seinen Aufschlag zwar mit Mühe erwischt, aber nicht ins Feld zurückgebracht hatte. Der Referee ließ den Punkt jedoch wiederholen, weil der Linienrichter Aus gerufen und Grosjean damit irritiert hatte. Bei der Wiederholung passierte das Gleiche auf der anderen Seite. Der Linienrichter rief in den Ballwechsel hinein, doch weil Kiefer nicht an den Ball gekommen war, zählte der Punkt. „Das ist seltsam“, sagte Kiefer. Allerdings entsprach die Entscheidung den Regeln.

Vor ein paar Wochen, im Viertelfinale der Australian Open, hatte Kiefer den Franzosen noch in fünf Sätzen besiegt. Gestern aber konnte er seine Wut nicht in positive Energie umwandeln. Er hatte etliche gute Möglichkeiten ungenutzt gelassen, unter anderem im ersten Satz zwei Satzbälle vergeben. Der 28-Jährige schrieb damit seine wenig berauschende Davis-Cup-Bilanz mit nur acht Siegen in 18 Einzeln fort. "Es geht nicht um irgendwelche Einzelstatistiken", sagte Kiefer. Es geht um den Erfolg des Teams. Aber man kann sich eben nicht immer auf Thommy Haas verlassen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false